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 #1 Something diiferent

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Anna
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BeitragThema: #1 Something diiferent   #1 Something diiferent Icon_minitime1Mo Nov 25, 2013 6:45 am

Something different

Der endlose Strand erstreckte sich vor mir. Vor dem Horizont schimmerte das Wasser und spiegelte die untergehende Sonne. Der Duft von Algen und Meer umwehte meine Nase, ich fühlte mich leicht, beflügelt, ein bisschen wie auf Drogen. Doch ich war clean, ich hatte nie... naja, einmal hatte ich mich dazu verleiten lassen Gras zu rauchen, aber ein Mensch machte Fehler. Doch das war es nicht, was mich zu diesen Gefühlen verleitete. Nein, es waren die kräftigen Beine, das starke Herz und der unbändige Wille mich in den Sonnenuntergang zu tragen, was mich so leicht werden ließ. Mit jedem Sprung schien die Zeit zurückgedreht zu werden, ich war wieder Kind. Unter mir, meine Schimmelstute Cloud, die mir die Liebe zu Pferden beigebracht hatte. Wie hatte ich sie geliebt. Nein, wie liebte ich sie noch heute. Sie war eine furchtbare Zicke gewesen, hatte mich etliche Male abgesetzt, doch letztendlich war ich heute sattelfester als so mancher andere und kam mit schwierigen Pferden besser zurecht. Man musste die Seele hinter dem Pferd verstehen, um ein Pferd richtig reiten zu können und genau das hatte ich gelernt. Cloud hatte es immer gehasst, wenn der Sattelgurt zu fest war. Sie war freiheitsliebend gewesen und wenn man ihr diese Freiheit ließ war sie eine perfekte Begleiterin gewesen. Ohne Sattel waren wir im vollen Galopp über den Strand galoppiert und hatten alle Sorgen hinter uns gelassen. Alle Sorgen, all den Schmerz, einfach alles!

„Dylan!“, quietschte ich halb mich gegen seine Arme wehrend, halb lachend. Ich spürte sein warmes Lachen an meinem Hals, dann seine Lippen. Er war unmöglich! Schmunzelnd schloss ich die Augen und spürte seine Berührung. Seine starken Arme hatten mich von hinten umschlossen, seine Lippen küssten meinen Hals. „Du bist so furchtbar wuschelig, wenn du aus dem Bett steigst.“, sagte er gegen meinen Hals und sein Atem kitzelte mich. Entschieden machte ich mich los und grinste ihn an. Meine Haare waren genauso verwuschelt wie jeden Morgen und sahen wohl auch wie ein Heuhaufen. „Eben!“, lachte ich und verschwand schnell im Bad, ehe mich mein Freund noch einmal schnappen konnte. Was mochte meine Oma wohl denken. Sie wohnte ein Stockwerk unter uns in dem großen Haupthaus des Hofes und die Wände und Böden waren in solchen alten Häusern nicht besonders dick. Allerdings kannte sie Dylan und sie mochte ihn. Wie konnte man ihn auch nicht mögen. Er war wirklich nett und äußerst charmant – und das nicht nur zu mir, sondern auch zu meiner Großmutter. 'Er ist wirklich der netteste junge Mann, den du mir je vorgestellt hast', hallte ihre Stimme in mir wieder und ich musste schmunzeln.
Im Bad, in dem es schön warm war, weil die Heizung auf Hochturen lief, zog ich mich aus und betrachtete mich kurz im Spiegel. Heuhaufen..., bestätigte ich meine Vermutung von vorhin und griff zur Bürste. Gewaltsam riss ich die Bürste immer wieder durch meine total verknoteten, blonden Haare. Wütend schnaubte ich und legte die Bürste schließlich weg. Der Schmerz verzog mir das Gesicht, doch immerhin waren meine Haare jetzt einigermaßen entzottelt und würden sich nicht vollkommen verfilzen. So konnte ich jetzt unter die Dusche steigen. Bevor ich das jedoch tat, drehte ich das kleine Radio, das auf einem Tischchen im Bad stand, voll auf. Es lief gerade 'What if' von Stereolove. Ich liebte den Song und so fing ich an mitzusingen. Immerhin war ich keine der Personen, deren Gesang einem die Haare zu Berge stehen ließ, wie diese Leute, die man bei DSDS aus Belustigung durch die Vorauswahl ließ. Im Grunde hörte sich meine Stimme sogar ganz schön an, fand ich und fand Dylan auch. Ich besaß immerhin sogar eine Gitarre, auch wenn sich meine Spielkünste ziemlich in Grenzen hielten.
Singen und fast tanzend stand ich unter dem Wasserstrahl, wusch mir die Haare und genoss das heiße Wasser auf meiner Haut. Es war schwer, den Wasserhahn wieder zu zudrehen, doch ich konnte nicht so viel Wasser verschwenden. Das war nicht gut für die Umwelt und bla... Obwohl ich durchaus besorgt um unsere Umwelt war und mich auch für den Umweltschutz einsetzte, nervte mich diese ständige Predigerei ein wenig. Immer wurde gesagt, man solle auf die Umwelt achten, doch die, die meistens genau das predigten waren dann die Schlimmsten Umweltverpester. Wie die Stromerzeuger, die mit Umweltschonenden Methoden warben und dann AKWs betrieben. Die pure Heuchlerei!

In Stallklamotten, mit trockenen, nach hinten geflochtenen Haaren und mit einem leichten Hungergefühl im Magen kam ich in unsere kleine Küche spaziert. Zu meiner Freude, stand das Frühstück schon bereit. Da Dylan früh los musste, duschte er vor mir, weckte mich dann (allerdings nicht immer so schön wie heute) und machte dann Frühstück. In seine Zeitung vertieft saß Dylan auf einer der Küchenstühle und wirkte besorgt. Fragend zog ich eine Augenbraue hoch und runzelte die Stirn, ehe ich zur Frage ansetzte. „Was's den los? Irgendwas bedenkliches?“ Etwas überrascht schaute er auf. Mit ernstem Blick bedeutete er mir, mich zu setzten. Ich tat es und griff sogleich nach einer Scheibe Brot aus dem Brotkorb. „Eigentlich ist es nichts, worüber du dir Sorgen machen musst. In der Nähe von Wilhelmshafen wurde ein totes Pferd in einem Straßengraben gefunden. Es war durch den Zaun gebrochen, doch allein kann es nicht bis zu dem Graben gekommen sein, denn er liegt nicht in der Richtung des Hofes. Man sollte meinen, dass die meisten Pferde zu ihrem Zuhause zurückehren, also wird vermutet, dass es gejagt wurde – das sagen auch die Reifenspüren, die man auf dem Feld nahe der Weide fand.“ Erschrocken ließ ich die Scheibe Brot auf meinen Teller fallen. Meine Fantasie sponn sich verschiedene Szenarien zusammen. Star, Call, Melody oder ein anderes Pferd vom Hof hätten es ebenso sein können. Doch der Unterschied war, dass wir unsere Pferde nicht in der Nacht auf der Weide ließen. Sie wurden morgens raus gebracht und abends wieder hinein geholt. Wenn einem meiner Drei etwas zustoßen würde... Ich wüsste nicht, was ich tun sollte. Bis jetzt war mein Leben - was Pferde betraf – ein Haufen Happy Ends gewesen. Ich wüsste gar nicht, was ich also in einer solchen Situation getan hätte.

Obwohl mir der Appetit vergangen war und Dylan mich die ganze Zeit besorgt musterte, konnte ich mich dazu überreden eine Scheibe Brot mit der selbstgemachten Marmelade meiner Oma zu essen. Ich konnte meinen Tag schlecht ohne ein kleines Frühstück starten. Heute hatte ich viel vor und zusätzlich zu meinen drei Pferden gab es noch genug andere Dinge auf dem Hof zu tun.
„Tschüss! Bis heute Nachmittag.“, verabschiedete sich Dylan noch von mir und drückte mir einen Kuss auf die Lippen, ehe er aus dem Haus ging und in sein Auto stieg, um zur Arbeit zu fahren. Er arbeite natürlich Vollzeit und so würde er erst heute am späten Nachmittag wieder kommen. Zum Glück war heute Samstag, morgen hatte ich ihn dann für mich ganz allein. Der Gedanke gefiel mir, doch dass morgen Sonntag war, änderte nichts daran, dass ich mich nicht um meine Pferde kümmern musste. Die Drei wollten schließlich beschäftigt werden und ich konnte sie auch nicht einfach alle Stehen lassen. Jeder hatte ab und an mal einen Stehtag, doch eben nur ab und an und nicht jede Woche Sonntags.

Von der Suche nach Silageballen und anderen Dingen

Vor mich hin summend räumte ich den Frühstückstisch ab und stellte das dreckige Geschirr in die Spülmaschine. „Mother was a victim, father beat the system by moving brix to Brixton and learning how to fix them.“, sang ich vor mich hin während ich die Spülmaschine schließlich anmachte und aus der Küche tanzte. Mit einer einigen Handbewegung machte ich beim hinausgehen das Radio aus, sang aber trotzdem weiter. Der erste Weg heute führte mich in mein Büro. Bevor ich mich um meine drei Schützlinge kümmerte, hieß es, sich um Organisatorisches zu kümmern.
Mit einem Seufzer ließ ich mich auf den Schreibtischstuhl nieder und rollte ihn etwas näher an den Schreibtisch. Ich schaltete den Computer ein, holte den Ordner mit den Bestelllisten für Futter und Einstreu heraus und klappte ihn auf. Während ich auf einem Bleistift herum kaute, zermarterte ich mir das Hirn darüber wo jetzt der Fehler war. Wenn dort stand, ich wolle vorerst 10 Ballen Silage haben, wie konnten mir dann nur 9 geliefert worden sein? Meine rechte Hand wanderte zur Maus und ich scrollte mit dem Zeigefinger das Dokument hinunter. Mein Blick fiel auf den Preis. Es waren mir 10 Ballen abgerechnet worden. Genervt verdrehte ich die Augen und griff zum Telefon.
„Kleemann und Söhne, was kann ich für Sie tun?“, meldete sich eine Frauenstimme an der anderen Seite des Kabels. „Guten Morgen, ich habe nur eine Frage bezüglich meiner Lieferung. Mein Name ist Lehmann, Anna Lehmann vom Hof Nebelreiter.“ Ich hörte es auf der anderen Seite rascheln, man suchte nach Unterlagen. „Jedenfalls habe ich 10 Ballen Silage bestellt, 10 Ballen bezahlt, aber nur 9 Stück gestern Mittag erhalten.“
Es folgte kurze Stille und Geraschel, ehe sich die Frau wieder meldete. „Es tut mir Leid, Frau Lehmann, aber wir haben Ihnen auf 10 Ballen geliefert. Bitte schauen sie doch noch einmal nach, wo der 10. Ballen geblieben sein könnte.“ Eine knappe Verabschiedung folgte und ich legte den Hörer auf. 1. Nach 10. Silageballen suchen, schrieb ich auf einen kleinen weißen Merkzettel und pinnte ihn mit einem Magneten an die Notizwand, die neben mir an der Wand hing. Doch jetzt weiter im Text. Mein Terminkalender sagte mir, dass heute ein neues Pferd ankommen würde. Coopers Flowers Uncut ZM war einer unserer Neuzugänge und ich würde ihn vorerst unter meine Fittiche nehmen. Eigentlich sollte er ein Zuchthengst werden, doch er war noch zu jung und würde erst später zur Zucht auf Gestüt Mitternacht eingesetzt werden. Um mich zu vergewissern, dass alles glatt ging, rief ich noch einmal beim Zuchtstall Meiningen an und mir wurde bestätigt, dass der junge Hengst schon auf dem Weg sei. Ich hinterließ meine Handynummer, damit sie mich erreichen konnten, falls ich nicht in meinem Büro fest saß.

Noch ein paar andere Aufgaben erwarteten mich und mein Notizzettel füllte sich.
2. C F Uncut in Empfang nehmen
3. Jemanden dazu bringen, die Mehrzweckhalle leer zu räumen
4. Mehrzweckhalle durchziehen lassen
Vorerst war das dann auch alles, aber erst einmal mehr als genug, wenn ich auch noch alle meine Pferde pflegen wollte und danach wollte ich auch noch einmal im Tierheim vorbei schauen. Ich hatte mir überlegt, dass Dylan einen Hund gebrauchen konnte. Keine Ahnung, wieso, aber ich fand, ein Hund passte wunderbar zu ihm. Ein größer, bulliger Hund oder ein Schäferhund oder... ach, keine Ahnung. Allerdings fragte ich mich, warum ich mich nach ihm richten sollte, da ich sowieso mehr für den Hund da sein würde. Ich schüttelte den Kopf, als wollte ich die Gedanken loswerden, und strich mir eine Haarsträhne zurück, die in mein Gesicht gefallen war. Lustlos starrte ich auf die Unterlagen – fast 5 Minuten lang, dann packte ich sie einfach weg.
„Oma?“, fragte ich die Kellertreppe hinunter. Von unten hörte ich nur Gerumpel, doch dann erschien meine Großmutter am unteren Treppenabsatz. „Ja, meine Süße, was kann ich für dich tun?“, fragte sie mit dieser typischen 'Kann ich dir helfen, Schatz'-Stimme, die anscheinend alle Großmutter drauf hatten. Ich nickte nur und schilderte ihr dann kurz und bündig, was ich von ihr wollte: „Nachher kommt ein neues Pferd an und sie rufen mich an, wenn sie da sind. Falls ich aus irgendeinem Grund nicht ans Handy gehe, würden sie hier anrufen und dann wäre es lieb von dir, wenn du dran gehen würdest und entweder selbst gehst oder eins von den Mädels hin schickst, ja?“ Ich grinste frech und guckte so lieb wie möglich. Als ob meine Großmutter mir je hatte etwas abschlagen können. Ich drückte ihr also das kabellose Telefon in die Hand und verschwand dann in den Flur. Dort schnappte ich mir schnell meine warme Winterjacke vom Haken, wickelte mir noch einen alten Schal um und setzte meine Bommelmütze auf. Dann trat ich hinaus in die Kälte.

Die trockene, kalte Luft strömte in meine Lungen. Die Luft roch nach dem Rauch von Kaminöfen und dann doch wieder sauber und ein wenig nach Meer. Das war einer der liebsten Gerüche, die ich kannte – wenn man von Pferden absah. Ein Lächeln legte sich sofort auf meine Lippen, die von der Kälte schon wieder trocken geworden waren. Doch das war jetzt egal. Jetzt wurde erst einmal die Liste abgearbeitet.
'Ballen Nummer 10?', fragte ich in den Stall, sprach meine Frage jedoch nicht aus. Es war mehr ironisch gemeint, denn wie sollte dieser Ballen schon antworten. „Eins, Zwei, Drei,Vier, Fünf, Sechs, Sieben, Acht, Neun...“ Ich ging einmal von hinten bis vorn die Ansammlung der Ballen ab, die vorerst in der Freilufthalle hinter Bande lagerten. Normalerweise konnten dort Richter bei Turnieren auf einer Tribüne sitzen, doch im Winter brauchten wir den Lagerplatz. „Argh, bin ich zu blöd zum Zählen oder was?!“, rief ich verärgert aus und hörte gleich darauf ein leises Auflachen hinter mir. Dieses Lachen zauberte unwillkürlich ein Grinsen auf mein Gesicht. Wieder mit mehr Leichtigkeit und Fröhlichkeit in mir, drehte ich mich zu Aylien um. „Sag mir nicht, du weißt wo der Ballen ist.“, sagte ich und baute so gleich eine Frage mit ein. Aylien machte ein Gesicht, dass darauf schließen ließ, dass sie ihre Möglichkeiten abwog. „Wenn ich dir sage, wo der Ballen ist, was bekomme ich dann dafür?“ Sie grinste mich frech an, doch mein Blick verwandelte sich jetzt in einen gespielt kalten Geschäftsfrauen-Blick. „Wenn du es mir sagst, werfe ich dich nicht mit dem nächstbesten Schneeball ab, wenn mal Schnee liegt, der dafür reicht.“ Ein kleines Lachen entkam mir und zerstörte das Bild der knallharten Geschäftsfrau. Aylien zuckte nur die Schulter und zeigte dann hinaus in Richtung Mehrzweckhalle. „Irgendeiner von den Stallburschen muss ihn dahin verfrachtet haben. Jedenfalls steht da ein frischer, weißer Silageballen.“ Ein erfreutes Lächeln stahl sich auf mein Gesicht und gedanklich hakte ich schon Punkt 1 auf meiner Liste ab. „Dankeschön, Aylienchen.“, flötete ich und ging grinsend an ihr vorbei zur Mehrzweckhalle.

„Ballen Nummer 10, du kleiner Schlawiner.“, sprach ich zu dem Ballen, der ganz allein und verlassen in der Mehrzweckhalle stand. Ich widerstand dem Drang mit Edding auf die Folie zu schreiben 'Ich will wieder zurück zu meinen Freunden!', drehte mich wieder um und ging aus der Halle. Jetzt ging es erst einmal zum Hengststall. Wenn mein neuer Schützling ankam, sollte er eine Box vorfinden, die bewohnbar war.

Mind the Gap! ...and other people!

Im Hengststall schlug mir sofort der vertraute Geruch entgegen – Pferde, Mist und Stroh. Das Rascheln von fressenden Pferden war noch immer die Nummer 1 der beruhigenden Geräusche für mich. Kurz stand ich nur dort in der Tür mit geschlossenen Augen und atmete den wunderbaren Duft der Pferde ein. Bilder aus meiner Kindheit kamen in mir hoch und ich erinnerte mich daran, wie ich als kleines Mädchen durch die alten Kuhställe gerannt war, die nun ein paar unsere wunderbaren Pferde beherbergten. Auch der Hengsstall war einmal nichts anderes als ein langer Kuhstall gewesen. Der Unterschied war nur, dass hier bestimmt 4-mal so viele Kühe Platz gefunden hätten. Damals waren es insgesamt zwei Reihen Kühe gewesen und noch ein großer Teil in dem Futter lagerte, doch heute gab es nur zwei Boxenreihen und eine entsprechend große Stallgasse, auf der man seinen Hengst ohne Probleme Putzen konnte und sich nicht mit anderen ins Gehege kam. Und hier würde bald auch mein neuer junger Hengst unter kommen. Gemächlich schlenderte ich die Stallgasse entlang und blickte in einige interessierte Pferdegesichter. Ein Hengst stach besonders heraus, denn sein weißes Fell war seit kurzem so sauber, wie noch nie – Katarinas Hengst Lifajen. Ich war erstaunt als sie sich den Orlow Traber aussuchte. Nicht viele trauen sich an solche 'exostischen' Rassen heran. Meistens soll es ein deutsches Sportpferd sein, ein Pferd das möglichst S springt und auch noch am besten alle Figuren einer S-Dressur beherrscht. Naja, die meisten hier auf dem Hof dachten wohl nicht so, allerdings besaßen schon viele ein Warmblut mit hohem Potenzial – dabei nahm ich mich selbst nicht aus. Ich hatte einen Dressurhengst, eine Vielseitigkeitsstute und... Melody. Melody war noch so jung, dass ich mir noch nicht einmal wirklich sicher war, von wem sie nun eigentlich mehr geerbt hatte, von Mama oder von Papa.

Weil ich nicht aufpasste rannte ich fast in Chace hinein, der gerade aus einer leeren Box trat und mich ebenfalls nicht gesehen hatte. „Sorry, sorry, sorry...“, entschuldigte ich mich etwas verwirrt und blickte ihn halb grinsend, halb ernsthaft entschuldigend an. Doch zum Glück war er das ja schon von mir, seiner Chefin, gewohnt. Ich hing viel zu oft Gedanken hinterher und dann pessierte sowas. Der junge Mann winkte nur gleichgültig ab. „Keine Panik, ist ja nichts passiert.“ - „Da fällt mir ein, ich wollte dich fragen, ob wir noch irgendwo eine nette Box für meinen neuen Hengst haben.“ Chace nickte nur und zeigte auf die Box, aus der er gerade gekommen war. Ich brauchte einen Moment bis ich die Tatsachen aneinandergereiht hatte. „Oh! Hatte ich dich schon einmal darum gebeten?“ Ein belustigtes Grinsen schlich sich auf das Gesicht des Stallburschen und meine Wangen färbten sich rosa. Ich war wirklich schusseliger als 5 Großmütter zusammen.
Immer noch peinlich berührt dankte ich Chace dafür, dass er die Box schon fertig hatte und verschwand in Richtung Canadian Star. Mein brauner Hengst war heute der erste, dem es an den Kragen ging. Aber das 'an den Kragen gehen' hing immer davon ab, wie man sich bei mir verhielt und da Star nicht unbedingt die größte Nervensäge im Stall war, würde er wohl glimpflich davon kommen.

„Na, mein Dicker!“, begrüßte ich meinen Braunen mit sanfter Stimme und schob ihm im selben Zug ein Brotleckerlie ins Maul. Er kaute genüsslich und es knusperte laut. Dabei schaute er mich interessiert an und schob seine Schnauze durch die Lücke in der Tür, wohl in der Hoffnung, ich würde ihm noch ein Leckerlie geben. Jedoch schüttelte ich nur den Kopf und griff dann auch schon nach seinem schwarzen Lederhalfter, das gute Halfter. Das Lederhalfter war ausschließlich zum Putzen, Führen, Laufenlassen und so weiter zu benutzen, für die Weide gab es dann das Nylonhalfter, denn ich kannte meine Pappenheimer und wusste, das sie sich nur zu gern im Matsch wälzten und es ihnen dann egal war, ob das ein Lederhalfter war, was sie trugen. Deshalb Nylonhalfter; soviel zu kurzen Erklärungen. Mit dem Lederhalfter bewaffnet, schob ich die Boxentür auf und trat in die geräumige Box. Das Fenster nach Draußen war schon geschlossen, da mittlerweile alle Ställe winterfest waren und auf tiefere Temperaturen vorbereitet waren. Selbst im Paddockstall waren nicht mehr immer alle Boxen nach Draußen geöffnet. Sanft zog ich Stars großen Kopf zu mir herunter und streifte ihm das Halfter über und schloss es dann. Ich zog noch ein paar Mähnenhaare unter dem Nackenriemen hervor und legte dann den schwarzen Baumwollstrick über den Hals meines Hengstes. Fix griff ich mir von dem Haken vor der Box einen Hufauskratzer und säuberte dann einen Huf nach dem anderen. Bei den Vorderhufen stupste Star mich immer wieder von hinten an und ich musste ihn ein paar Mal zurechtweisen, bis er schließlich damit aufhörte und sich dem Heu widmete, was vom Morgen übrig geblieben war.
„Kommst du dann, Schatzi?“, fragte ich ihn und zog einmal leicht am Strick. Ich stand schon in der Boxentür, die Tür stand offen, aber Star bewegte sich nicht. Ich setzte einen mürrischen Gesichtsausdruck auf und wartete auf irgendeine Regung meines Braunen. „Halloohooo? Jemand zuhause?“, fragte ich etwas durchdringender, lauter und genervter und endlich setzte sich 8-jährige in Bewegung. Danke, dachte ich genervt und führte ihn hinaus auf die Stallgasse, wo ich ihn an der gegenüber liegenden Box anband. Okay, ich hätte auch etwas mehr Kraft anwenden können, was das ganze beschleunigt hätte, aber irgendwie war ich dazu heute morgen noch nicht in der Lage. „Eigentlich ist es ja schon fast 10.“, stellte ich bei einem Blick auf die Uhr fest.

„Danke, ich wollte dich gerade fragen, wie spät es ist.“, kam es von hinter mir aus einer Box. Verwirrt wirbelte ich herum und Star drehte sich so herum, dass auch er etwas sehen konnte. „Oh, hey, Katarina!“ Ich lächelte sie an und die Dunkelhaarige lächelte freundlich zurück. Sie stand gerade in der Box ihres Lifajen und mir fiel erst jetzt auf, dass auch Aylien ziemlich früh dran gewesen war. „Mann, was macht ihr eigentlich alle schon so früh auf dem Hof? Es ist Samstag?“, fragte ich mehr mich, als Kat, doch sie antwortete mir trotzdem. „Wieso nicht? Wenn die eigenen Arbeitszeiten hier dermaßen flexibel sind, kann man doch auch schonmal früher kommen. Die gleiche Frage könnte ich auch dir stellen.“ Doch ich schüttelte nur entschieden den Kopf. „Nene, ich habe nämlich einen Freund, der um 8 Uhr los muss zur Arbeit und ich habe auch organisatorische Arbeiten zu erledigen, die sich nicht von allein machen.“, gab ich zu bedenken und schlug einen äußerst gespielten, aber äußerst wichtig klingenden Ton an. „Ja, das kann sein.“, stimmte Kat mir nun auch zu. „Was machst du heute mit Star?“, setzte sie hinterher, um in eine andere Richtung zu lenken. Ich zuckte nur die Schultern und blickte dann Star an. „Na, was machen wir heute? Ausreiten?“, fragte ich ihn, woraufhin er nur den Kopf schüttelte und die kurze Mähne dabei um seinen Kopf und seinen Hals wirbelte. „Er weiß es auch nicht. Ich hätte irgendwie Lust heute nur Auszureiten, aber das geht auch nicht. Deshalb werde ich wohl Dressur trainieren und dann zum Ausdampfen ins Gelände gehen. Und du?“ Die jüngere zuckte ebenfalls nur die Schultern. „Vielleicht das Gleiche wie du.“, meinte sie schließlich und somit war dann unser Gespräch vorerst auch beendet. Ich musste nämlich weiter machen, wenn ich bis heute Mittag fertig sein wollte, um Uncut abzuholen.
Also stiefelte ich in die nicht weit entfernte Sattelkammer, schnappte mir die dunkelblaue Abschwitzdecke und Stars Putzkasten und stiefelte wieder zurück zu meinem Hengst. Katarina und Liffa waren nun auch aus der Box rausgekommen und die beiden Hengste beäugten sich neugierig, wobei sie sich eigentlich schon kannten, da sie ja doch recht nah beieinander standen. Ich legte die Abschwitzdecke erst einmal auf dem Putzkasten ab, löste dann die Stalldecke und packte diese erst einmal in die Box von Star. Dann legte ich ihm die Abschwitzdecke über, damit der kleine Nackedei nicht fror, während ich putzte. Ganz gemächlich machte ich mich schließlich ans Putzen, nahm mir erst einmal den Gummistriegel und raute das Fell von Star auf – jedenfalls dort, wo es überhaupt richtig ging. Dann schnappte ich mir eine Wurzelbürste mit langen Borsten, mit der ich in langen Zügen den Dreck aus Stars Fell bürstete, dabei auch noch die Beine mit putzte und bei der Gelegenheit auch die Mähne kurz durch bürstete. Jedoch ging ich danach noch einmal mit einem Mähnenkamm durch die kurze schwarze Mähne, um auch den letzten Knoten zu lösen. Dem Schweif widmete ich nicht ganz so viel Aufmerksamkeit wie eigentlich nötig, sondern sammelte nur kurz die Strohhalme heraus, die sich in den Haaren verheddert hatten und fuhr einmal grob mit den Fingern hindurch. Zu guter Letzt betrachtete ich mein Werk und ging dann den Rest aus der Sattelkammer holen.

Als ich gerade in die Sattelkammer kam, rannte ich fast in Vivi hinein, die wohl Sachen für Vito holte. „Och, Mensch, Leute! So früh rechnet doch keiner mit euch.“, ärgerte ich mich und half Vivi die Sachen einzusammeln, die ihr runtergefallen waren. Zum Glück war der Putzkiste beim Sturz nichts passiert. „Tut mir Leid, Anna, aber...“ - „Ach, Quatsch! Ich bin doch selbst Schuld mit meiner Schusseligkeit.“, beruhigte ich Vivi und würgte auch ihre Entschuldigung ab. Als wir uns gerade wieder aufgerichtet hatten stupste mich eine Hundenase gegen mein Knie. „Hallo, Akash!“, begrüßte ich den Rüde, wobei meine Stimme bestimmt eine gute Oktave höher anschlug, während ich Akash am ganzen Körper kraulte und er das sichtlich genoss. Ich kniete mich zu ihm nieder und nahm seinen wuscheligen Kopf in meine Hände. „Na, hälst du dein Frauchen auf Trab? Na, das will ich hoffen.“, sprach ich mit ihm und wuschelte ihm noch ein letztes Mal über den Kopf. Dann richtete ich mich wieder auf und wandte mich Vivi zu, die mich angrinste. Nach kurzem Schweigen meinte sie nur: „Du solltest dir echt auch einen Hund zu legen, den du so durchwuscheln kannst, wie Akash.“ Ich erzählte ihr also noch kurz, dass ich sowieso mal vor hatte, mich im Tierheim umzusehen und dann verabschiedeten wir uns auch vorerst schon wieder. Ich schnappte mir nun Stars VS-Sattel mit der dunkelblauen Satteldecke, das mexk. Reithalfter mit zweifach gebrochener Wassertrense, Gamaschen und Streichkappen und ging so beladen auf die Stallgasse zurück.
Mein Brauner blickte mir schon mit gespitzten Ohren entgegen, anscheinend hatte er schon auf meine Rückkehr gewartet. In der Stallgasse herrschte nun schon reger Betrieb. Vivi stand mit Vito auf der Gasse, Aylien mit ihrem Sunday und Katarina mit Lifajen. Für den Hengststall war das fast das Maximum an Aktivität. Im Paddockstall ballte sich die Aktivität meistens, weil dort einfach die meisten Privatpferde standen. Nun machte ich mich jedoch als erste daran, meinen Hengst zu satteln, legte dann die Gamaschen und Streichkappen an und trenste ihn dann zu guter Letzt. Ich wollte gerade mit ihm los gehen, als mir auffiel, dass ich vollkommen unvorbereitet war. Also einen Schritt zurück: Ich zog Star das Halfter nochmal über den Hals und joggte in die Sattelkammer zurück. Dort hatte ich meinen kleinen Schrank, wo außer Stars Putzbox, Gamaschen, Fliegenhäubchen und einer weißen Schabracke auch noch meine Reitstiefel und mein Reithelm aufbewahrt wurden. Also wechselte ich meine Stallschuhe, die ich einfach vor den Schrank pfefferte, gegen meine Reitstiefel und meine Bommelmütze gegen meine Reitkappe. Außerdem kramte ich noch ein paar Lederreithandschuhe hervor, die ich auch anzog und dann endlich konnte ich zu Star zurück und war vollständig fertig.

Ich schnappte mir seine Zügel bahnte mir dann den Weg nach draußen, wobei ich nur Lifajen ein Stück zur Seite schieben musste und dann auch schon freien Durchgang hatte. Eigentlich war es bis zur Mehrzweckhalle nicht so weit, doch ich stieg trotzdem schon auf der Stallgasse auf. Dort schob ich die Steigbügel nach unten, zog noch einmal den Sattelgurt fest, wobei mein Brauner schön stehen blieb, und setzte dann den Fuß in den Steigbügel. Mit einem leisen Ächzen zog ich mich auf den hohen Rücken meines KWPN und wunderte mich, wie ich eigentlich auf Call drauf kam, die noch ganze 10 Zentimeter größer war. Etwas ungeduldig trat Star auf der Stelle während ich mich auf seinem Rücken ordnete, die Füße richtig in die Bügel stellte, die Zügel aufnahm und letztlich noch die Abschwitzdecke über meine Beine legte und sie dann unter meinen Oberschenkeln feststeckte. Im Sitzen bauschte sich meine Jacke vorn zum Glück nicht sonderlich auf und ich hatte noch ziemlich viel Freiheit – die Jacke war also definitiv keine Fehlinvestition gewesen.
Mit leichtem Schenkeldruck trieb ich Star in einen langsamen, gemächlichen Schritt und lenkte ihn am langen Zügel zur Mehrzweckhalle hinüber. Die Halle war noch leer und es waren auch keine Hindernisse oder Stangen aufgebaut – perfekt für ein paar leichte Dressurübungen.
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