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 #6 I go lalala

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Anna
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Anna


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BeitragThema: #6 I go lalala   #6 I go lalala Icon_minitime1Fr Dez 13, 2013 5:28 am

I’m covering my ears like a kid. When your words mean nothing I go la la la…
Es hatte keinen Sinn sich die Ohren kaputt zu machen. Ich hörte sie trotzdem. Dieses blöde Haus mit seinen Papierwänden! Ich drückte mir die beiden Muscheln mit den Händen noch dichter an die Ohren und lauschte dem Lied – Naugthy Boy… Hm, nicht ohne Grund musste ich an Tyler denken. Mein Dad hatte wirklich alles versaut mit seinem Aufkreuzen. Ich war zur Salzsäule erstarrt und hatte erst nach 5 Minuten wieder klar denken können. Bis jetzt waren wir doch auch sehr gut ohne ihn zurechtgekommen und jetzt warf er alles über den Haufen. Ich hatte gestern mit Anna telefoniert, denn ich war seit 4 Tagen nicht mehr im Stall gewesen. Das war eigentlich das schlimmste. Allein der Gedanke an Gabe, die jeden Tag auf mich wartete brachte mich beinahe zum Heulen. Ich musste dringend zu ihr, aber bis jetzt war ich noch in Verhandlungen mit meinem Vater. Wie konnte er mir verbieten zu meinem Pferd zu gehen? Die letzten Jahre hatte er sich einen Dreck um seine Töchter geschert. Seit 17 Jahren hatte Anna nichts mehr von ihrem Vater gehört und dieser mischte auf einmal auch in ihrem Leben mit, indem er ich davon abhielt mein Pferd auf dem Hof meiner Schwester zu versorgen. Er behauptete zwar, dass er Pferde zu gefährlich fand, doch ich wusste, dass er nur nicht wollte, dass ich so viel Kontakt zu Anna hatte. Vermutlich hatte er erwartet, dass es mehr so etwas wie eine nette Schwester-Schwester-Beziehung wurde, aber Anna und ich waren zu Freundinnen geworden und sie half mir bei etwas, das mir wichtiger war als alles andere.
Momentan waren meine Gedanken überall und nirgends. Manchmal dachte ich an Tyler und was er wohl gerade machte. Manchmal dachte ich an Anna. Und die meiste Zeit dachte ich an Gabe. Passend zu meiner eher tristen Laune hatte sich das Wetter dafür entschieden auch einen ähnlichen Umschwung zu machen und es regnete fast die ganze Zeit. Ein kräftiger Regen schlug gegen mein Fenster und die Tropfen glitten am Glas hinunter, wie Tränen. Nur mit Mühe unterdrückte ich ein Schluchzen, alles was herauskam war ein Wimmern. Mein Vater hatte es geschafft mein Leben zu versauen. Wenn ich nun nie wieder zu Gabe durfte? Nein, das würde ich mir nicht bieten lassen. Ich würde ihn davon überzeugen, dass Pferde mir gut taten und dass sie nicht gefährlich waren.

Entschlossen warf ich die Kopfhörer auf mein Bett und ließ mein Handy in meiner Hosentasche verschwinden. Kurz blickte ich in den Spiegel und band meine Haare mit einem Haargummi zu einem Pferdeschwanz zusammen. Bei diesem Wetter war das praktischer und im Stall sowieso. Und ich würde heute in den Stall fahren und wenn ich das mit dem Fahrrad tun würde. Entschlossen schritt ich die Treppe hinunter und stellte mich in die Küchentür. Dabei verschränkte ich die Arme vor der Brust. „Beate, das ist doch völlig unnötig. Sie wird schon…“ „…darüber hinwegkommen?“, beendete ich seinen Satz und blickte meinen Vater finster an. Sichtlich ertappt drehte er sich um. „Schatz, wir müssen…“ Ich schüttelte nur entschieden den Kopf. „Gib mir wenigstens eine Chance. Nein, besser: Gib Gabe eine Chance. Denn die einzige, deren Leben du noch mehr versaust, als es schon ist, ist sie, weil sie dann die einzige Bezugsperson verliert, die sie hat.“ Schon wieder versuchten sich Tränen ihren Weg nach draußen zu bahnen, doch noch konnte ich sie zurückhalten. Vielleicht wäre es klug, auf die Tränendrüse zu drücken, aber das kam auch noch besser als ich 12 war. Deshalb drängte ich sie so gut es ging zurück, doch als ich eine feine Nässe meine Wange herunter rinnen spürte wusste ich, dass es nicht geklappt hatte. Dad seufzte und strich sich durch die schwarzen Haare, die langsam anfingen grau zu werden. „Schön. Um 2 Uhr fahren wir in den Stall. Du kannst deine Schwester ja schon einmal vorwarnen.“, sagte er niedergeschlagen. Ein zaghaftes Lächeln legte sich auf mein Gesicht. Ja, Anna würde sich bestimmt riesig freuen – nicht. „Danke. Dann geh ich mich schon einmal auf den Regen vorbereiten. Und Anna anrufen.“, verkündete ich und wischte mir die Tränen von den Wangen. Das Schnauben meines Vaters ignorierte ich und ging – etwas beschwingter als vorher – die Treppe hinauf in mein Zimmer.
Von meiner Pinnwand schauten mich Gabes treue Augen aus einem Foto an. Lächelnd strich ich leicht darüber und spürte ihr Fell, ihren Atem auf meiner Haut und die Kraft und Freude, die sie ausstrahlte, wenn sie mich sah. Niemand würde uns trennen! Sollte Dad doch dahin gehen, wo der Pfeffer wächst! Schließlich löste ich meinen Blick von dem Foto und fing an in meinem Kleiderschrank zu kramen. Ich schmiss eine dunkle Jeans und meinen dunkelgrauen Lieblingspulli auf mein Bett und tauschte diese Klamotten dann gegen meine Jogginghose und das ausgeleierte T-shirt, das mir zwei Nummern zu groß war. Für mich deutete das auch eindeutig daraufhin, dass ich auf dem besten Weg gewesen war in eine Depression zu fallen, eine „Ich habe mein Pferd seit Tagen nicht gesehen“-Depression. Zufrieden betrachtete ich mich nun im Spiegel und strich über den weichen Stoff des Pullovers. Innen war er noch schön kuschelig, obwohl er schon etliche Male gewachsen werden musste. Dann wanderte mein Blick zur Uhr. Es war 20 Minuten vor Zwei. Der Himmel verriet nicht, dass es schon fast Nachmittag war. Bei den dunklen Wolken hätte es jede Tageszeit sein können. Gerade hatte der Regen eine kurze Pause eingelegt und so konnte man etwas weiter sehen, als vor ein paar Minuten. In der Ferne standen einige Windräder, aber das Meer sah man nicht. Trotz dem schlechten Wetter war jetzt Schluss mit Trübsal blasen. Stattdessen breitete sich in meinem Bauch eine Art Achterbahngefühl aus, als wenn man gerade ganz oben vor der ersten Abfahrt der Bahn steht und halb ängstlich, halb sehnsüchtig darauf wartet, dass es losgeht.
Plötzlich riss mich die Vibration meines Handys in meiner Hosentasche aus meinen Gedanken. Eilig holte ich es heraus, wobei es mir fast herunter fiel. Dann blickte ich auf den Bildschirm – Tyler. Sofort schoss mir Adrenalin ins Blut und mein Herzschlag beschleunigte sich. Warum rief er mich an? Hatte er etwa vor mich aufzuziehen, weil ich so einen scheiß Vater hatte? Nein, so war er nicht. ‚Jetzt geh schon ran!‘, rief eine aufgebrachte innere Stimme und ich drückte auf den grünen Höhrer auf meinem Display. „Hallo?“, fragte ich unsicher. „Hey, Sara. Ich wollte dich an diesem furchtbar langweiligen Tag mal fragen, ob du Zeit hast. Wir haben uns ja schon etwas länger nicht gesehen…“ Er klang gut gelaunt, obwohl das Wetter so beschissen war, und ehrlich. In meinem Kopf schrie alles ‚Ja, ich habe Zeit!!!‘ aber das stimmte ja gar nicht. Wenn es darum ging, ob ich mein Pferd oder den Typen wählte, auf den ich stand (mittlerweile hatte ich es mir eingestanden), dann wählte ich mein Pferd. Menschen konnten warten, Tyler war schließlich nicht auf mich angewiesen. „Tut mir leid, ich hab momentan privat viel um die Ohren. Mein Vater findet Pferde zu gefährlich, aber vielleicht will er mich auch einfach von Anna fernhalten. Jedenfalls war ich schon lange nicht mehr im Stall und ich muss heute wirklich unbedingt zu Gabe. Sie flippt sonst noch total aus, wenn ich nicht komme.“, erklärte ich ihm meine Lage und musste mich hindern, ihm nicht mein ganzes Leid zu klagen. Als Tyler antwortete klang er etwas enttäuscht: „Oh, naja, ein andermal vielleicht. Aber falls du mal reden willst, kannst du mich anrufen. Ich langweile mich sonst zu Tode bei dem Wetter.“ Meine Lippen formten sich zu einem leichten Lächeln. „Danke, ich werde wohl auf das Angebot zurückkommen.“ Kurz überlegte ich. „Aber falls du heute Abend immer noch Langeweile und Zeit hast könnten wir ja irgendwo was essen gehen. Ich wäre froh, wenn ich aus dem Irrenhaus hier raus bin.“ Das war ich wirklich. Ich hätte am liebsten jeden einzelnen Tag im Stall verbracht, aber man ließ mich ja nicht. „Klar, so um 19 Uhr? Dann hol ich dich ab. Hast du was gegen einen guten Italiener?“ – „Gut, um 19 Uhr. Falls man mich nicht lassen will, klettere ich einfach aus dem Fenster. Und gegen italienisches Essen kann man doch gar nichts haben, oder?“ Meine Laune war gerade auf ihren heutigen Höhepunkt und ich lachte sogar kurz auf. „Schön, dann hoffe ich mal, dass du nicht aus dem Fenster klettern musst. Bis dann!“ Und aufgelegt. Grinsend ließ ich mein Handy wieder in die Tasche gleiten, nur um es kurz darauf wieder herauszuholen und die Nummer von Anna anzuwählen. Es dauerte etwas, bis sie abnahm. Im Hintergrund hörte ich ein paar Stimmen, die kurz darauf wieder verschwanden als eine Tür geschlossen wurde. „Hi, Sara, was gibt’s?“, fragte sie sofort und ich hörte den typischen fröhlich-optimistischen Ton in ihrer Stimme. „Houston, wir haben ein Problem. Unser über alles geliebter Vater bringt mich heute zum Hof.“ Am anderen Ende zog meine Schwester scharf die Luft ein. „Mit Tränen und netten Worten habe ich ihn dazu überredet, ihm zu zeigen, dass Pferde nicht gefährlich sind.“, erläuterte ich weiter die Geschehnisse. „Also entweder verschanzt du dich im Reiterstübchen oder…“ Ich ließ den Satz nach hinten offen, weil ich nicht genau wusste, was ich sagen sollte. ‚entgegentreten‘ schien mir die falsche Wortwahl und ‚die Stirn bieten‘ war da nicht viel besser. Anna seufzte. „Ich werde wohl mit ihm reden müssen. Allerdings werde ich mit Sicherheit nicht allzu freundlich sein. Schließlich hat er mich 17 Jahre meines Lebens im Stich gelassen.“ – „Das erwartet ja auch keiner von dir. Sei ruhig scheiße zu ihm, er hat’s verdient.“ Die Sache mit dem Stallverbot hatte meinen Vater zu meinem Erzfeind gemacht. Deshalb war es mir vollkommen egal, was Anna ihm an den Kopf schmiss. „Na, schön. Wann kommt ihr denn?“, fragte sie schließlich. „So kurz nach Zwei, denke ich.“ – „Gut, bis dann.“ Diesmal kam ich auch dazu mich zu verabschieden, ehe Anna auflegte und nur noch ein Tuten aus der Leitung kam. Ich seufzte und steckte mein Handy wieder in die Hosentasche. Aus einer Plastikbox auf meinem Schreibtisch schnappte ich mir ein paar Leckerlies und ließ sie in der anderen Hosentasche verschwinden.

Tatsächlich fuhren wir nur zwei Minuten nach Zwei auf den Hof und Dad parkte auf den vorgesehenen Parkplätzen. Mehrere Autos standen schon dort. Manche erkannte ich so wie Vivis Q7 (?). Andere hatte ich jedoch noch nicht so oft gesehen. Froh darüber aus der eisigen Stille im Auto entweichen zu können, riss ich die Autotür auf. Böser Fehler, denn sogleich schlugen mir dicke Regentropfen entgegen. Angeekelt verzog ich das Gesicht und fummelte an der Kapuze meiner Regenjacke herum, die sich irgendwie mit meiner Pullover-Kapuze verheddert hatte. Ehe ich beide aufgesetzt hatte, waren meine Haare schon reichlich nass geregnet – klasse…
Während ich noch wartete, dass Dad seinen Regenschirm entfaltete, schob ich meine Hände in die Pulloverärmel und verschränkte die Arme vor der Brust. Mit seinen schwarzen Haaren, dem dunklen Mantel und dem Regenschirm wirkte er eher als wolle er den Hof kaufen, als nur mal eben bei dem Pferd seiner Tochter vorbeischauen. Immerhin war Gabe kein Pferd, das jeden beliebigen anschleckte und somit auch keinen Sabber auf dem Mantel hinterlassen konnte. Mein Blick wanderte noch etwas tiefer und die schwarzen, geputzten Lederschuhe rundeten das Bild noch ab. Am liebsten hätte ich genervt gestöhnt, doch das hätte niemand verstanden, also ließ ich es dann doch. „Dann mal los.“, sagte ich wenig begeistert und marschierte los in Richtung des Offenstalls, der ja eigentlich gar keiner war, aber das interessierte hier niemanden – mich eingeschlossen.
Zu meiner großen Freude war meine Stute weder eingeschnappt, noch desinteressiert. Stattdessen sah sie schon aus ihrer Box in die Stallgasse als sie Schritte hörte und als sie mich dann auch noch sah, stieß sie eine leise Andeutung eines Wieherns aus und streckte mir ihren Kopf entgegen. Unter anderen Umständen wäre ich mit einem freudigen Ausruf, der mindestens eine Oktave höher lag als sonst, auf sie zu gerannt. Doch vor meinem Vater wollte ich mir diese Blöße nicht geben. Zwar war er kein böser Mann, aber ich traute ihm mittlerweile so einige Gemeinheiten zu. Deshalb wollte ich ihm nicht zeigen, wie sehr ich mich über Gabe freute. Stattdessen schritt ich so gefasst wie möglich zu ihrer Box. Liebevoll blickten mich ihren braunen Augen an und ich konnte nicht anders als sie ebenso liebevoll anzulächeln. Sanft legte ich meine Hand an ihren Hals und atmete ihren Duft ein. Mir kam es vor, als hätte sie einen ganz eigenen Duft. Würzig und eigen, aber nicht unangenehm. Eben so, wie Pferde rochen und besser, einzigartig.
„Das ist es also.“, erhob mein Dad seine Stimme und ich funkelte ihn nur ärgerlich an. „Sie.“, verbesserte ich ihn. Abwehrend hob er die Hände. „Schon gut, schon gut. Das ist sie also.“ Vorsichtig näherte er sich ein Stück und streckte seine Hand aus. Doch wie ich erwartet hatte, wich Gabe ruckartig zurück. Panik spiegelte sich in ihren Augen, sie wusste nicht, wie sie mit ihm umgehen sollte. Vermutlich half meine feindliche Einstellung ihr auch nicht gerade, in den für sie fremden Mann Vertrauen zu fassen. ‚Gut so…‘, dachte ich zufrieden. Zwar mochte ich es nicht mit ansehen, wie meine Stute so ängstlich war, doch ich wollte auch nicht, dass sie mit ihm auskam. Gabe war mein Pferd und so sollte sie nicht mit jemandem in Kontakt kommen, der sie für unnötigen Ballast hielt. „Sie hat keine besonders guten Erfahrungen mit Menschen gemacht.“, erklärte ich beiläufig und öffnete die Boxentür. Langsam und mit ausgestreckter Hand, auf der sich zur Ermunterung auch noch ein Leckerli befand, ging ich auf sie zu. Sofort stellten sich die weißen Ohren auf und ihre Nüstern weiteten sich leicht um den Geruch des Leckerchens aufzunehmen. „So, ist’s gut. Komm, mein Schatz, alles gut.“, flüsterte ich beruhigend vor mich hin, doch es schien, als brauchte ich eher die beruhigenden Worte, als mein Pferd. Ziemlich gelassen kam sie nun ein Stück auf mich zu und ich konnte meine Hand wieder an ihren Hals legen. Langsam strich ich am Mähnenkamm entlang den Hals hinunter und fühlte ihr weiches Fell, das nun wieder einen schönen Glanz erlangt hatte. Ich schloss die Augen und genoss einen Moment lang die Wärme und Vertrautheit.

„Komm, hopp hopp!“, trieb ich meine Schimmelstute zur Eile und zog sie vorwärts, bis sie in einen geschwungenen Trab fiel und ich neben ihr her joggte. Der Regen hatte natürlich nicht aufgehört und ich wollte nicht, dass sie nass regnete – deshalb die Eile. Eigentlich war es unklug sie auf Tempo zu bringen, falls sie sich erschreckte, aber wenn es nicht um Menschen ging, hatte ich Gabe als sehr nervenstarkes Pferd erlebt. Kurz vor der Mehrzweckhalle fielen wir wieder in den Schritt und traten ins trockene Halleninnere. Die Tür zum Stübchen war offen und ich hörte die Stimmen der jungen Frauen, die allesamt ihre Pferde hier stehen hatten. Kurz schaute ich durch die Tür und warf ein „Hallo“ in die Runde, was im Chor beantwortet wurde. Alle schauten freundlich, obwohl das Wetter eher zu einem Sieben-Tage-Regenwetter-Gesicht verleitete. Nur Anna schaute bei meinem Anblick etwas… verzagt? Anscheinend wusste sie noch immer nicht, wie sie unserem Vater entgegen treten sollte. Doch ehe ich wieder verschwand, entschied sie sich wohl für ein unabhängiges, starkes Auftreten. Sie richtete sich nach bester Dressurreitermanier auf, straffte die Schultern und atmete ein letztes Mal durch. Dann kam sie zu mir und lächelte etwas gequält. Aufmunternd lächelte ich zur und ging dann wieder raus zu Gabe und meinem Vater, der in großem Abstand, das Ende ihres Strickes hielt. Allerdings hatte er diesmal den Abstand gewählt, Gabe stand gelassen da und entlastete den rechten hinteren Huf. Als sie Schritte vernahm hob sie sofort den Kopf und schaute mit gespitzten Ohren in unsere Richtung. Schnurstracks ging ich zu ihr und zupfte einmal am Strick, sodass Dad das Ende losließ. Dann führte ich die Schimmelstute in die Bahn und schloss die Tür hinter uns. Kurz blickte ich noch einmal zurück und sah, wie sich die beiden nun unterhielten. Anna machte einen gefassten Eindruck, selbst wenn sie nervös mit ihren Händen rang und ab und an etwas unsicher auf den Boden schaute. Sie würde es schon gut machen, beruhigte ich mich und schritt weiter in die Mitte der Halle. Dort hakte ich den Strick aus und ging dann los an der Bande entlang. Ich brauchte nicht einmal hinter mich sehen, um zu wissen, dass meine Stute mir folgte. Ihre Anwesenheit war mir so vertraut geworden, dass ich sie einfach spürte. Nach einer Weile blieb ich kurz stehen und wartete, bis sie zu mir aufschloss. Dann setzte ich mich wieder in Bewegung und sie ging neben mir her. Natürlich nicht ohne ab und an interessiert mit der Oberlippe an meine Hosentasche zu tippen.
Nach einigen Runden kehrte ich zur Bandentür zurück und angelte mir eine Peitsche, die dort zur Verfügung für alle standen. Gabe lief währenddessen mit der Nase am Sandboden durch die Halle und scharrte ab und an. Doch ich entschied, dass sie sich später auch noch wälzen konnte. Deshalb ging ich nun ein Stück in ihre Richtung und schwang dann leicht die Peitsche. Sofort schnellte die dunkle Nase der Schimmelstute in die Höhe und mit erhobenem Schweif trabte sie los. Ihre Gänge federten wunderschön und ich konnte mir ausmalen, wie sie damals bei ihren Turnierstarts ausgesehen haben musste – wunderschön. Ihre Ohren waren spitz aufgestellt und lauschten auf Geräusche aus meiner Richtung. Sie sah glücklich und lebendig aus, ganz anders als vor ein paar Wochen. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl stieg wieder einmal in mir auf und ich fühlte mich nicht mehr so allein gelassen, wie noch heute Morgen. Niemand würde uns jemals trennen.

Nachdem ich Gabe ein wenig in der Halle laufen gelassen hatte, widerholte ich die Dehnübungen, die ich mit ihr angefangen hatte. Sie machte es wieder gut mit. So gierig wie sie auf Leckerlis war, auch kein Wunder. Dann hakte ich den Strick wieder ins Halfter ein und führte sie langsam zur Bandentür. Mir war nicht ganz klar, wie viel Zeit vergangen war, doch für Dad wohl schon wieder zu viel. Unruhig schaute er auf seine Uhr. Anna war wohl wieder ins Stübchen verschwunden oder im Stall, jedenfalls war sie nicht zu sehen. Während ich die Hufe meiner Stute von Sand befreite, beobachtete ich meinen Vater interessiert und wartete auf einen Kommentar, der nicht kam. Doch das war immerhin weder ein ‚Nein‘ noch ein ‚Ja‘. Von mir aus konnte er zu dem Thema ‚Pferd‘ auch für immer schweigen, absolut kein Problem.
Doch nachdem ich Gabe wieder in die Box gestellt hatte und sie gedankenverloren hinter den Ohren kraulte meldete er sich dann doch zu Wort. „Ich gebe zu, dass ich mir dein ‚Problempferd‘ anders vorgestellt hatte. Sie scheint ja doch ganz umgänglich zu sein.“ Ich traute meinen Ohren kaum. Das waren ja ganz neue Töne. Mir die Überraschung nicht anmerkend blickte ich ihn an und wartete auf seine Entscheidung. „Nun… wenn du das Tier nun unbedingt weiter pflegen willst, dann tu das. Ich werde dich nicht hindern. Aber wenn du die Schule vernachlässigst, wirst du mit Konsequenzen zu rechnen haben - vor allem jetzt in der entscheidenden Phase.“ Ein triumphierendes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, doch ich drosselte es lieber schnell auf freundlich, sonst weckte ich noch falsche Hoffnungen bei meinem Vater. Eltern war in solchen Angelegenheiten wirklich nicht mehr zu trauen. „Danke, ich verspreche, dass meine Lehrer die Ausrede, mein Pferd habe meine Hausaufgaben gefressen, nicht hören werden.“, hätte ich am liebsten gesagt, doch ich beließ es dann doch lieber bei einem schlichten „Danke.“.
Ein letztes Mal klopfte ich Gabe den Hals. Ich umfasste ihre Nase mit beiden Händen und drückte ihr noch einen Abschiedskuss auf die Nase. „Tschüss, Süße. Bis Morgen.“, verabschiedete ich mich von ihr und die Stute drückte noch einmal ihre Nase an meinen Bauch. Schweren Herzens ließ ich sie jetzt schon allein. So gern hätte ich noch Stunden hier verbracht, einfach um in ihrer Nähe zu sein. So hektisch und ängstlich sie bei unserer ersten Begegnung gewesen war, so ruhig und beruhigend war sie jetzt. In ihrer Nähe vergaß ich den Rest der Welt und die ganzen Probleme, die das Leben mit sich brachte.

Zuhause angekommen ging ich nach oben und stieg unter die heiße Dusche. Es hatte zwar aufgehört zu regnen und nur noch ein dunkler Schimmer auf der Straße zeugte noch vom Regen, doch das kalte Gefühl wollte nicht von mir weichen. Das heiße Wasser, das über meine Haut strömte, vertrieb die Kälte jedoch aus meinem Körper und hinterließ nur ein warmes, angenehmes Gefühl. Ich wusch meine Haare und ließ ihnen nach langer Zeit auch mal wieder eine Kur zukommen. Nach ein paar Minuten Einwirkzeit wusch ich sie aus und schäumte dann meinen Körper mit einem tropisch duftenden Duschgel ein. Schließlich ganz von Schaum befreit stieg ich aus der Dusche und wickelte mich in ein großes weiches Handtuch ein. Mit einem weiteren Handtuch wickelte ich meine Haare ein, sodass ich einen Turban auf dem Kopf hatte. In meinem Handtuchkleid ging ich in mein Zimmer zurück und schmiss die Schmutzwäsche gleich in die Wäsche. Mit einem wohligen Seufzen setzte ich mich auf mein Bett und begutachtete meinen Kleiderschrank. Er war zu, doch ich wusste was drin war und überlegte, was ich heute Abend anziehen konnte, wenn ich mit Tyler essen ging. In meinem Kopf klapperte ich alles ab, von Sommerkleid, bis zu Rollkragenpullover, doch nichts wollte so wirklich passen. Letzten Endes entschied ich mich für ein schwarzes ¾-Arm Shirt, das an den Schultern leicht gerafft war und meine schlanke Figur betonte. Dazu eine dunkle Jeans und eine mittelgroße Handtasche zum Umhängen.
Das Handtuch landete auf dem Bett und ich zog mir erst einmal Slip und BH an. Dann holte ich die Sachen aus meinem Schrank und legte sie erst einmal aneinander. „Getreu dem Motto: Weniger ist mehr.“, kommentierte ich selbst das doch recht schlichte Outfit und stieg dann in die Jeans.

Fertig angezogen und geschminkt sah ich auf die Uhr. Es war erst 18:30 Uhr. So blieb noch genug Zeit, meine Eltern von meinen Plänen zu berichten. Ja, vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, es ihnen früher zu sagen, doch ich hatte lieber das Überraschungsmoment auf meiner Seite. Also tapste ich auf Socken die Treppe hinunter und fand meine Mutter im Wohnzimmer. Sie hatte sich eine Decke über die Beine gelegt und las. „Mum?“, fragte ich etwas zögerlich. Ich war im Türrrahmen stehen geblieben und beobachtete sie. Meine Mutter hob den Kopf, strich sich ein paar dunkelbrauen Strähnen aus dem Gesicht und blickte mich fragend an. „Ich wollte nur sagen, dass ich heute Abend mit einem Kumpel unterwegs bin. Wir wollen essen gehen, ein bisschen reden und so.“, erklärte ich ihr geradeheraus und vermied es, irgendeine Andeutung zu machen, die in Richtung Beziehung deuten könnte. „Mit wem denn? Etwa mit dem Jungen, der dich neulich nach hause gebracht hat?“, hakte sie nach und zog fragend die Augenbrauen in die Höhe. „Ja, genau der.“, antwortete ich mürrisch und wandte den Blick ab. „Schön, ich muss dir nicht sagen, was du zu tun und zu lassen hast, oder?“ Ich schüttelte nur den Kopf. Diese Anweisungen konnte ich mittlerweile herunterbeten. Blieb nicht zu lange weg. Um 24 Uhr bist du spätestens wieder zuhause. Trink nicht zu viel. Lass dich nicht von Jungs abschleppen. Gut, Letzteres wurde nie so gesagt, aber ich wusste, was gemeint war, also beließ meine Mutter es dabei. „Gut, dann viel Spaß.“ Ich war ehrlich erstaunt, dass meine Mutter so locker war, aber ich nahm es einfach so hin. „Okay, danke.“, antwortete ich knapp und ging dann noch einmal ins Bad, um in den Spiegel zu gucken. Nervös zupfte ich an meinem Shirt herum und strich meine Haare glatt, die offen über meine Schultern fielen. Und schon klingelte es an der Tür.
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BeitragThema: Re: #6 I go lalala   #6 I go lalala Icon_minitime1Mo Dez 16, 2013 9:13 pm

Ein sehr ausführlicher und emotionaler Bericht. Bin sehr gespannt wie es mit Tyler weiter geht. Very Happy
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Anna
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BeitragThema: Re: #6 I go lalala   #6 I go lalala Icon_minitime1Mo Dez 16, 2013 10:15 pm

Danke Smile Wird es ja demnächst. Eigentlich war der Bericht noch nicht fertig, aber das erhöht die Spannung, würde ich sagen Very Happy
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BeitragThema: Re: #6 I go lalala   #6 I go lalala Icon_minitime1Mo Dez 16, 2013 11:41 pm

Ja, das tut es definitiv Smile
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