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 #3 If you love her let her go

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Anna
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Anna


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BeitragThema: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Mo Nov 25, 2013 6:50 am

Eigentlich konnte ich es noch immer nicht glauben. Er war wieder da und dabei hatte ich schon vor Jahren gedacht, er würde niemals wieder kommen. Er hätte tot sein können oder einfach ausgewandert, aber dass ich ihn wiedersah, das hätte ich nicht gedacht. Vor Jahren war er gegangen und jetzt auf einmal war er wieder da.

Bumm! Ich war auf dem Boden gelandet. Mein Schädel brummte noch vom Aufprall, als ich mich wieder aufrappelte. Vorsichtig schaute ich mich um, niemand war da… Außer Kayra. Diese saß mit schief gelegtem Kopf auf meinem Bett und guckte auf mich herunter. Mit einem Seufzen lehnte ich mich gegen die Bettkannte und blieb mit angezogenen Beinen auf dem Boden sitzen. Durch meine Pyjamahose spürte ich die Kälte, doch das machte jetzt auch nichts. Nachdenklich kaute ich auf meiner Lippe herum und starrte gegen die Wand. Was sollte ich jetzt machen? Und wie stellte Alex sich das eigentlich vor? Er kam einfach wieder und platzte in mein neues Leben, ein Leben ohne ihn, ein Leben das einfach nicht für ihn ausgelegt war. Vielleicht sollte ich einfach mal mit ihm reden… Nein – nein, das war völliger Quatsch. Nun musste ich erst einmal ausprobieren, wie sich mein Leben und vor allem Dylan mit Alex verbinden ließ.
Kays Winseln brachte mich wieder ins Hier und Jetzt zurück. Ihre kalte Schnauze berührte meinen Arm und irgendwie war es tröstlich, dass sie sich schon jetzt so gut mit den neuen Umständen arrangieren konnte. Gestern war ich nur nicht mehr dazu gekommen, ihr Zubehör zu kaufen, weil die Sache mit Alex mich aus der Bahn geworfen hatte. Deshalb war das heute Priorität Nummer 1. Nummer 2 waren dann Star, Call, Melody und Uncut. Heute wollte ich mich um alle ausgiebig kümmern, auch aus dem Grund, dass ich Alex und Dylan aus dem Weg gehen wollte. Gestern hatten wir eine Zeit lang zusammen gesessen. Ich hatte mich mit Alex unterhalten und Dylan hatte eisern geschwiegen bis er schließlich zur Arbeit gefahren war. Dabei hatte ich auch erfahren, dass Alex wieder in Schillig wohnte und momentan ungebunden ein Single-Dasein führte. Natürlich war das eine reine Anspielung, ja fast ein Angebot gewesen – für mich. Zu seinem Glück war Dylan schon abwesend gewesen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit stand ich nun auf. Zum Glück war niemand zuhause außer Kayra, denn mein Freund war bereits aus dem Haus. Er war in die Stadt gefahren – einkaufen, etwas mit der Bank regeln, da wir eine Mahnung bekommen hatten, die gar nicht hätte kommen dürfen. Nun machte ich mich wie immer auf ins Bad, zog mich aus, stieg unter die Dusche. Das warme Wasser prasselte erbarmungslos auf meine Haut und jagte mir im ersten Moment einen wohligen Schauer über den Rücken. Viel länger als nötig stand ich unter der Dusche und rührte mich einfach nicht, ließ nur das warme Wasser auf meinen Körper fließen. Irgendwann mischte sich das Wasser mit meinen Tränen. Der salzige Geschmack der Verzweiflung. Ich wusste nicht weiter, wusste nicht, was mir mein Leben in der nächsten Zeit bringen würde. Die letzten Jahre hatte ich immer eine Vorstellung von allem gehabt, doch heute lag meine Zukunft nur verschwommen vor mir. ///
Alles dauerte viel länger als sonst. Haare kämmen, föhnen, anziehen. Es war eine ganze Stunde vergangen bis ich schließlich in der Küche stand und mir einen Kaffee kochte. Kayra schien fast besorgt, sie ließ mich nicht aus den Augen und trottete mir die ganze Zeit hinterher. Wahrscheinlich war genau das die Aufgabe, nach der sie gesucht hatte. Als mein Kaffee nun fertig war, setzte ich mich an den Tisch und blätterte in der Zeitung. An dem Klatsch über Promis blieb ich hängen, erfuhr aber nicht wirklich etwas Neues. Ab und an nippte ich an meinem Kaffee, verbrannte mir beim ersten Mal die Zunge. Leise fluchte ich und schüttelte dann den Kopf. Das passt nun wirklich nicht zu dir., dachte ich mir und damit hatte ich recht. Ich war ein ewiger Optimist, schwer aus der Bahn zu werfen und immer für alle da. Und heute? Heute stand ich einfach nur völlig neben mir und konnte mich selbst nicht wiederzuerkennen. Und das wegen etwas, das eigentlich gar nicht so das Problem sein musste. Alex müsste einfach nur wieder mein bester Freund sein und dann wäre alles in Ordnung, doch für mich war es einfach nicht so einfach.

Mit nach hinten geflochtenen Haaren, einem dicken Pulli, Weste, Reithose und Reitstiefeln bewaffnet trat ich aus der Haustür. Es wurde langsam wärmer und so passte ich mich an. Zwar hatten wir noch immer um die 5 bis 8°C, aber warm würde mir beim Training von allein. Kayra folgte mir durch die Haustür und trabte gleich auf den Hof, um auf dem runden Rasenstück bei den Parkplätzen kurz ein kleines Geschäft zu verrichten. Kurz guckte ich auf die Uhr – es war schön 11 Uhr. Das bedeutete für mich, dass ich heute Morgen ein ausgiebigeres Training mit einem meiner Schätze startete und nachmittags dann den Rest machte. Da Star momentan immer nur Dylan abbekam (oder Sara) beschloss ich, mich um ihn zu kümmern, denn er hatte eine Wohlfühleinheit und eine schöne Trainingseinheit mal wieder nötig. Noch einmal atmete ich tief durch und ließ meinen Blick über den Hof schweifen. Jessi kam gerade mit ihrem Catargo aus dem Paddockstall und winkte freundlich lächelnd zu mir rüber. Etwas gezwungen lächelte ich zurück und hob ebenfalls die Hand. Mir entging der fragende Ausdruck auf ihrem Gesicht nicht, doch sie zog weiter zum Putzplatz. Vivi kam auch gerade auf den Hof gefahren und das nahm ich jetzt als Ansporn zu gehen. Natürlich mochte ich sie, sie war meine beste Freundin hier auf dem Hof, doch brauchte heute einfach meine Ruhe – nur ich und meine Pferde. //
Es war recht still als ich den Hengststall betrat, doch natürlich war ich nicht allein. Durch die breiten Holzbretter der Türen erkannte ich eine zierliche, blonde Gestalt. „Moin, Aylien.“, sagte ich schlicht und wandte mich dann Canadian Star zu, der nur wenige Boxen auf der gegenüberliegenden Seite weiter stand, als Sunday. „Morgen, Anna.“, kam es zurück, auch nicht besonders gut gelaunt. Das machte mir nun wirklich ein wenig zu schaffen. Wenn ich nicht die immer gut gelaunte spielte, wer würde es dann tun? So ein Mist aber auch! Kurz verfluchte ich Alex Ankunft, zog meinen gedanklichen Fluch dann aber doch wieder zurück. Mit einem unruhigen Brummeln holte mich Star wieder in die Welt des Hier und Jetzt zurück. „Is‘ ja gut, Kleiner.“, beruhigte ich ihn und schob sogleich die Boxentür auf. Die weiche Nase meines Hengstes schob sich unter meine Hand und ich spürte seine Wärme, seinen Atem. Es war tröstlich, denn meine Pferde waren immer für mich da – vor allem Star, mit seiner ruhigen, neckischen, süßen Art. Als könnte er Gedanken lesen schüttelte der Braune seinen Kopf auf und ab, der Schopf und die Mähne flogen wild übereinander. Dann hob er den Kopf und schaute zu mir herunter. „Spiel dich nur auf.“, neckte ich ihn und ein leichtes Lächeln breitete sich auf mein Gesicht. „Na, komm!“ Fix holte ich mir sein gutes Lederhalfter von dem Haken an der Box und trat in die Box. Dort legte ich meine Hand auf den Nasenrücken meines Hengstes und zog ihn sanft zu mir herunter. Bereitwillig ließ er sich halftern und zuletzt kratzte ich ihm noch die Hufe aus, ehe ich ihn hinaus zum Putzplatz führte. Heute Morgen schien die Sonne, also warum nicht raus gehen. Zwar würde ich dann unweigerlich in ein Gespräch hineinlaufen, doch das war mir egal, solange ich Sonne tanken konnte. Im Zweifelsfall konnte ich immer noch schweigen.
Nur Jessi und Catargo und Vivi und Vito standen am Putzplatz. Star passte da sehr gut in die männliche Gemeinde. Am langen Strick folgte Star mir und hätte ich ihn nicht immer wieder weiter gezogen, wäre er aus Faulheit einfach stehen geblieben. Den beiden am Putzplatz zauberte das ein Lächeln aus Gesicht, ich fand das eigentlich gar nicht so lustig, aber was sollte ich schon mit Star machen, er war so, wie er eben war. Am Putzplatz angekommen band ich Star neben Catargo fest, der den Neuankömmling neugierig beäugte. Zum Glück dachte Star nicht, dass Targo eine Stute war, das war mir nämlich auch schon einmal passiert. Aber immerhin war meiner da nicht die Ausnahme, denn Zuchthengste bekamen schließlich nur ein Phantom und dahinter stand zum Ansporn auch oft nur ein Wallach.
„Hi, Anna, ich glaub, wir haben uns eben ganz knapp verpasst.“, begrüßte Vivi mich fröhlich. „Ja, kann sein…“, murmelte ich zurück und wollte dann schon wieder abziehen, um Stars Sachen zu holen. „Weißt du schon, was du heute machst?“ – „Dressur oder Springen, ich bin mir noch nicht sicher.“ Mit diesen Worten machte ich mich endgültig vom Acker und hinterließ zwei verwirrte junge Frauen, die ihre Hofbesitzerin nicht wieder erkannten. //
In der Sattelkammer traf ich unglücklicherweise auf noch jemanden – Katarina. „Hey, Anna!“, begrüßte sie mich freundlich und lächelte. „Hi, Kat.“ Fragend schaute sie mich an und bekam einen besorgten Gesichtsausdruck. „Möchtest du darüber reden oder lieber nicht?“, fragte sie schließlich. Ich war dankbar, dass sie mich vor die Wahl stellte. „Lieber nicht.“ Mit einem Kopfschütteln und einem entschuldigendem Lächeln machte ich mich an Stars Fach zu schaffen während die Dunkelhaarige die Sachen für ihren Lifajen holte. „Na, dann. Man sieht sich bestimmt.“, verabschiedete sich die Bereiterin von mir. „Bis dann…“, flüsterte ich nur noch, doch sie war schon weg.
Mit Putzkiste, Gamaschen, Streichkappen und einer Abschwitzdecke ging ich wieder zum Putzplatz. Jessi war schon am Satteln und unterhielt sich angeregt mit Vivi über irgendetwas. Als ich näher kam, hörte ich, was es war. „Ja, der Typ war sowieso voll komisch.“, meinte Vivi zu Jessi. „Irgendwie hab ich fast ein bisschen Schiss vor dem. Erinnert mich an ’nen Stalker. Hat auch immer wieder nach ihr gefragt. Gott, was will der bloß?“ – „Wer will was von wem?“, fragte ich laut und beide drehten sich ertappt um. „Äh, nichts. Da war nur son blonder Typ, der nach dir gefragt hat. Ziemlich groß, sprach mit leichtem englischen Akzent.“, klärte mich Jessi auf, die vor Vivi ihre Sprache wieder gefunden hatte. Ich stöhnte genervt auf. „Macht euch deswegen keine Sorgen. Wo ist er jetzt hin?“ – „Wir haben ihm gesagt, dass du gerade sehr beschäftigt bist und er meinte, er wurde heute Nachmittag wieder kommen.“ Ein erneutes tiefes Seufzen meinerseits. Na, das konnte ja heiter werden. „Wie schon gesagt, macht euch keine Sorgen deswegen.“, schloss ich diese Unterhaltung und stellte dann endlich die Sachen ab, die ich die ganze Zeit in der Hand gehabt hatte.
Mit Schwung legte ich meinem Braunen die dunkelblaue Abschwitzdecke über, die im leichten Frühlingswind wehte. Die Stalldecke hängte ich erst einmal über die Anbindestange. Ich hatte nicht besonders viel zu putzen, da die Decke Star ziemlich sauber gehalten hatte. So ging ich erst einmal nur mit der Kadätsche über die Sattellage und den Hals. Den Kopf putzte ich damit ebenfalls vorsichtig, kämmte Mähne und Schweif ein wenig und legte ihm dann Gamaschen und Streichkappen an. Jessi war mittlerweile schon gegangen und Vivi war gerade den Sattel holen. Das tat ich jetzt auch und ging einfach schweigend an Vivi vorbei, die eigentlich aussah als ob sie mich gerade fragen wollte, was los war. In der Sattelkammer schnappte ich mir die Trense und Stars Springsattel. Heute hatte ich mal Lust zu springen – am liebsten auf dem Platz. Ich wusste nicht, ob Chris dort schon die Hindernisse aufgebaut hatte. Gestern hatte ich ihn drauf angesprochen und ihm einen Zettel in die Hand gedrückt. Fraglich war nur, ob er das schon geschafft hatte. Vorerst legte ich den Sattel also weit genug entfernt von Star ab und ging zu den Reitplätzen. Schon von weitem sah ich, dass die Hindernisständer standen, nur die Stangen lagen noch nicht an ihrem vorgesehenen Platz. Also machte ich mich daran auf dem Sandplatz die Stangen auf L-Höhe und –Weite einzustellen und zu kombinieren. So entstand ein schöner Parcours, den ich mit Star springen konnte. //
Als ich wieder zum Putzplatz kam war Vivi schon fast fertig mit Satteln und Trensen. „Ehm, Anna? Ist der Springplatz schon aufgebaut.“ – „Ja.“ – „Kann ich mir die Stangen auf E-Niveau runterbauen?“ – „Nein.“ Vivi schnaubte etwas sauer und blickte mich anklagend an. „Was ist denn heute mit dir los?“, fragte sie verwirrt und ein bisschen ärgerlich. „Was soll denn mit mir los sein? Ich fasse mich eben kurz. Die Sprünge sind jetzt auf L-Niveau, weil ich mein Pferd trainieren will und dann will ich einfach nicht, dass du sie wieder runterbaust.“, keifte ich zurück und es klang anklagender als beabsichtig. „Aber…“, setzte Vivi an, doch ich fiel ihr wieder ins Wort. „Dreh doch einfach eine schöne Schrittrunde, komm in 45 Minuten wieder und dann kannst du den scheiß Springplatz ummodeln, wie du willst.“ Schon drehte ich mich zu Star um und schnappte mir den Sattel. „Na, vielen Dank auch.“ waren die letzten beleidigten Worte, die Vivi zu mir sprach, ehe sie sich in den Sattel schwang und Richtung Gelände davonzockelte. Mit mitleidigem Blick sah ich ihr hinterher und ließ den Sattel einen kurzen Moment auf meinen Armen ruhen. Eine kleine Schnauze stupste mich am Knie an. „Na, wo kommst du denn her? Ich hoffe, du hast nicht wieder die Hengste erschreckt.“, sprach ich zu der Hündin, doch ein aufgeregtes Schreien von Gina versicherte mir, dass es nicht die Hengste waren.

„Ruby, komm sofort wieder her!“, rief sie und rannte hinter der Ponydame her, die mit dem Führstrick im Maul und hoch erhobenem Kopf am Putzplatz vorbei trabte. Mein Brauner stieß ein kehliges Wiehern aus und die kleine Braune blieb stehen. „Hab dich!“ Triumphierend hielt Gina den Strick hoch. Dann blickte sie zu uns und lächelte. „Danke, Star, hast was gut bei mir.“ Sie zwinkerte uns zu und entlockte mir tatsächlich ein Schmunzeln. Dann seufzte ich und wandte mich wieder zu meinem Hengst um. Ich rückte die Abschwitzdecke nach hinten und legte ihm den Springsattel auf. Vorsichtig ließ ich den Sattelgurt auf der anderen Seite herunter und schloss ihn auf der anderen Seite des Sattels. Dann legte ich die Decke wieder über den Sattel und nahm mir Stars Trense. Brav nahm er das Gebiss und behielt den Kopf unten, sodass ich die Riemen von oben nach unten schließen konnte. Blöderweise fiel mir erst jetzt ein, was ich alles vergessen hatte. Glücklicherweise lief gerade Sara über den Hof, die anscheinend auf dem Weg zu Gabe war. „Sara, komm mal bitte!“, rief ich also nach ihr und sie kam zu mir. „Morgen, hast du eine neue Aufgabe für mich? Wo ist Dylan?“, fragte sie sogleich und ich hielt ihr nur Stars Zügel hin. „Hältst du ihn mal kurz, ich muss noch meine Sachen holen. Dylan ist in der Stadt, er muss heute Nachmittag auch arbeiten. Wenn du willst, kannst du uns beim Springen zugucken und wenn ich fertig bin mal kurz selbst ein paar Sprünge wagen.“ Sara sah mich lange etwas unschlüssig an. „Ne, heute noch nicht, aber halten kann ich ihn.“, antwortete sie zögerlich und nahm mir dann die Zügel aus der Hand. Ein freudiges Brummeln seitens meines Hengstes verabschiedete mich und ich joggte los zu meinem Schrank im Hengststall. Von dort holte ich mir Reitkappe und Sporen und trabte dann wieder zurück.
„Dankeschön, vielleicht sehen wir uns ja nachher noch.“, verabschiedete ich mich nun von meiner Halbschwester und führte meinen Braunen zum Springplatz. Auf dem Platz zog ich mir die Steigbügel herunter, gurtete noch einmal nach. Dann nahm ich die Zügel auf, setze den Fuß in den Steigbügel und zog mich in den Sattel. Der Braune blieb brav unter mir stehen bis ich die Decke über meine Beine gelegt hatte und ihm mit sanftem Schenkeldruck zu verstehen gab, dass er losgehen sollte. Mein Kleiner schien es heute eilig zu haben und so wären die Sporen wohl gar nicht nötig gewesen, dennoch konnte ich sie vielleicht später noch gebrauchen. //
Nach geschätzten 5 Minuten Schritt am langen Zügel nahm ich die Zügel auf und gab leichte Paraden, um den Braunen in die Tiefe zu arbeiten. Da er ja eigentlich mehr Dressurpferd war als alles andere, ging dies sehr leicht und er stellte sich eigentlich schon von fast allein nach innen. Nachdem ich die Hand gewechselt hatte, legte ich die Abschwitzdecke über den Begrenzungszaun des Platzes. Mit vermehrtem Druck mit den Schenkel und nur leichtem Einsatz der Sporen trabte ich Canadian Star an und trabte leicht. Ich ritt so gut es ging gebogene Linien, um ihn zu stellen und zu Biegen. Doch die dreifache Kombi in der Mitte des Platzes machte es so gut wie unmöglich einen Zirkel zu reiten, weshalb ich mich schließlich mit einer Mischung aus Zirkel und Volte begnügen musste. So gut es eben ging arbeite ich mit dem Schenkel, gab es aber schließlich auf. In der nächsten Ecke zu einer langen Seite, gab ich eine kurze Parade und legte den äußeren Schenkel leicht zurück. Ich brauchte kaum treiben, schon sprang mein Dressurpferdchen in den Galopp und ritt schön am Zügel vorwärts. Ich blieb erst sitzen, ging dann aber auf der nächsten langen Seite in den leichten Sitz und gab die Zügel vor. Jetzt musste ich ein wenig nachtreiben, damit der kleine Faulpelz unter mir nicht immer langsamer, sondern schneller wurde. Mit großen kraftvollen Galoppsprüngen ging Star vorwärts und hielt das Tempo auf. Nach zwei Runden parierte ich zum Trab und übte noch ein bisschen Trab-Galopp-Übergänge, ehe ich mich an das erste Hindernis wagte. Bevor ich irgendwelche Kombis sprang, mussten wir erst einmal ein wenig warm werden, also nahm ich mir einen einzelnen Steil vor. Ich ritt ihn von unten an, sodass ich mehr Platz hatte. Vor der Tripplebarre wendete ich ab und ritt im flotten Galopp neben der Diagonalen auf den Steil zu. Kurz vor dem Sprung verkürzte ich die Sprünge meines Hengstes und so passte es genau mit 3 kurzen Sprüngen. Eins, Zwei, Drei – Absprung! Die Hinterhand drückte uns kraftvoll vom Boden ab und ich sog das letzte Mal die Luft ein. Ich griff weit am Hals vor und gab ihn so die Hand vor. Mein Körper ging mit der Bewegung mit. Es schien mehrere Sekunden zu dauern, bis wir holperig auf der anderen Seite landeten, doch ich wusste, dass es nur ein Bruchteil dessen war, was ich fühlte. Nach dem Sprung saß ich wieder ein und trieb Star mit der Hilfe von Schenkel und Hüfte weiter vorwärts. Ich ging nun auf die linke Hand und ging auf der langen Seite in den leichten Sitz. Dann ritt ich den Oxer an, der vor der kurzen Seite stand. Diesmal erhöhte ich das Tempo und mit ordentlichem Schwung kamen wir an den Sprung. Wir setzten eigentlich ordentlich darüber, dachte ich, doch hinter uns hörte ich eine Stange auf den noch festen Boden poltern. Kurz zuckten Stars Ohren, doch er ließ sich nicht allzu sehr davon beeinflussen. Etwas deprimiert, aber nun noch motivierter ritt ich ihn im leichten Galopp weiter, bis mir schließlich jemand ins Auge sprang. Eine dunkelhaarige junge Frau machte sich auf den Weg zur Stange, um sie aufzuheben, vermutete ich. Mit einer halben Parade und Schenkeldruck parierte ich Star in den Trab und ging leicht. Als ich näher kam, erkannte ich Kira und parierte zum Schritt durch.

„Hallo.“, begrüßte ich sie schlicht, ohne eine definierbare Emotion in der Stimme. Kira lächelte freundlich zu mir herüber. Ich bewunderte sie für ihre Fröhlichkeit. Zwar war ich ja eigentlich auch ein ewiger Optimist, aber das gestern hatte mich aus der Bahn geworfen. „Hey, Anna. Ich dachte mir, wenn ich dir schon beim Training zugucke, kann ich mich auf nützlich machen.“ Meine Gesichtszüge entgleisten kurz, doch dann setzte ich sie wieder auf ihr Gleis und guckte sie fragend an. „Ja, ich steh da schon ‘ne ganze Weile.“, bestätigte sie die unausgesprochene Vermutung. Ich war eben vertieft in mein Training gewesen und das war auch gut so, beschloss ich. Trotzdem war ich neben der Spur – irgendwie. „Äh, danke…“, sagte ich nur perplex und trabte dann wieder an, da ich eigentlich keine Lust auf längere Unterhaltungen hatte. Nachdem Kira die Stange wieder an ihren Platz gelegt hatte und sich wieder hinter die Bande verzogen hatte, galoppierte ich Star wieder an und versuchte es nun noch einmal. Ich musste nun noch genauer reiten und dann musste es einfach klappen. Im ausgesessenen Galopp kamen wir zum Sprung. Wir hatten auf jeden Fall genug Schwung und kamen schön passend vor den Sprung. Mit einem schönen Sprung setzten wir darüber, was jedoch nichts heißen musste. Doch als wir wieder den Boden berührten, waren die vier Hufe meines Hengstes das einzige, was im Sand landete. „Good Boy!“, lobte ich Star und klopfte ihm im leichten Galopp den Hals. Jetzt hatte ich Blut geleckt und mein Brauner anscheinend auch. Gleich startete ich den nächsten Anlauf. Bei der zweifachen Kombi wandte ich ab und ritt einen Steil an, der nahe dem Oxer stand, den ich gerade gesprungen war. Wieder saß ich aus und holte mir Star etwas zurück. Mit kurzen, kraftvollen Sprüngen ritten wir auf den Sprung zu. Eins, Zwei und Absprung. Die kraftvollen Beine meines Braunen drückten uns empor und kurze Zeit später kamen wir auf der anderen Seite wieder auf ohne eine Stange mit herunterzuholen.
Wir trainierten noch eine Weile bis ich nachdem ich alle Sprünge durchgegangen hatte aufhörte und mir die Abschwitzdecke von Star holte. „Sah gut aus.“, kommentierte Kira, die neben uns her ging, weil ich sie nicht hatte abschütteln können. Ich mochte Kira, aber heute war einfach nicht der richtige Tag, um mit mir zu reden. „Danke, ich geh jetzt noch eine kurze Runde im Schritt ins Gelände. Wir sehen uns bestimmt später noch.“, sagte ich und trieb Star ein wenig mehr voran. „Ja, aber…“ Verwirrt blickte Kira uns hinterher. Ich fühlte mich schon fast wieder ein wenig schlecht, dass ich heute so abweisend war, aber mein Kopf war wirklich voll genug. Wenn ich vom Pferd stieg würde wieder alles auf mich zu donnern und mich unter sich begraben. Da brauchte ich nichts, was noch hinzukam. Und bei den vielen Leuten hier, bestand durchaus die Möglichkeit, dass mir jemand mit seinen Problemen kam.
Als wir gerade den Offenstall passierten, hörte ich nur ein lautes „Nein!“ und schon kam eine braun-weiße Border Collie Hündin aus dem Stall geschossen. Da Star anscheinend aber ähnliches erwartet hatte blieb er ruhig und schaute auf das kleine Pelzding hinunter, das mit eingekniffener Rute zu ihm hochstarrte. Langsam senkte er den Kopf und schnaubte Kayra an. Diese schaute etwas verwirrt zu mir hoch, dann wieder zu Star und wedelte zaghaft mit der Rute. „Komm, weg da, Kleine.“, sagte ich liebevoll und musste schmunzeln. Die Stimme aus dem Offenstall hatte ich zwar nicht erkannt, doch das war auch egal, niemand kam heraus und das war gut so. Als die Hündin zur Seite getreten war, ließ ich Star wieder vorwärts schreiten und ließ die Zügel lang. Ich hielt die Verbindung, aber ließ es ruhig angehen. Kay trottete uns hinterher und schnüffelte ab und an am Wegesrand. Sie hatte auch keine Angst vor dem anderen großen Tier. Vermutlich war das Hundelogik: Wenn Frauchen darauf saß, würde es mir auch nichts tun.
Gleich hinter dem Hof ritt ich einen Feldweg entlang, der nah am Hof entlang führte, sodass ich über die Zufahrtsstraße wieder auf den Hof kam. Es war nicht mehr weit bis zum Hof, als ich seltsame Geräusche hinter mir hörte. Sofort wandte ich den Kopf und sah eine Horde Jugendliche auf ihren BMX-Rädern, die die Straße entlang eierten und dabei lauthals lachten. „Kayra, komm her und sitz!“, rief ich nach meiner Hündin, die sofort zu mir trabte und sich zu Stars Vorderhufen nieder setzte. Na super…, dachte ich mürrisch und schob Star nun mit der Hinterhand herum. Eine Vorhandswendung mitten auf der Straße, das hatte die Welt noch nicht gesehen! „Hey, noch so eine Pferdetusse!“, rief der vermeintliche Anführer den anderen Jungs zu und steuerte auf uns zu. Mein Brauner blieb wie angewurzelt stehen und hob den Kopf. Seine Nüstern waren gebläht. Ich hatte Angst um Kayra, mehr als um mich, obwohl es durchaus sein könnte, dass Star mich gleich abwarf, doch was das anging: Ich war sattelfest! „Weg, Kayra! Los weg, lauf!“, scheuchte ich die Hündin weg, die mich verwirrt anstarrte, dann aber doch den Weg nach hause einschlug. Ich blickte ihr kurz hinterher. Sie war wenigstens in Sicherheit vor Stars Hufen. Hoffentlich lief sie irgendwem in die Arme.

Der Anführer der Gruppe blieb nur knapp vor uns stehen und hinterließ eine Bremsspur auf dem Asphalt. „Hey, was hat den dein Klepper? Ist ihm die Puste ausgegangen.“, fragte er mit einem Grinsen und schaute als suche er Bestätigung zu der Bande hinter ihm, die ebenfalls dümmlich grinsten. Ich schnaubte nur und blickte den Typen mit ernstem Blick an. „Er hätte immer noch genug Kraft, um euch alle zu überrennen, wenn ihr näher kommt. Und ich scherze nicht.“, gab ich von mir und in meiner Stimme schwangen wahrhaftige Aggressionen mit. Diese kleinen Scheißer hatten wirklich den falschen Tag erwischt und wenn ich einen von ihnen verprügeln müsste, um hier wieder weg zu kommen Star jedenfalls würde sich nicht bewegen, ehe die abgezogen waren. „Achja? Das glaube ich nicht.“, gab einer von den anderen aus der Gruppe von sich und erntete einen anerkennenden Blick von den anderen. „Ich warne dich, du kleines Arschloch. Leg dich nicht mit mir an…“, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Mit einem verhöhnenden Schnauben trat dieser jedoch näher an Star heran – zu nah. Mit angstvoll geweiteten Augen sprang er kurz vorwärts und torkelte dann wieder rückwärts. Beim Sprung nach vorn war er mit einem Huf halb auf dem Fuß des Jungen gelandet. Da er immerhin beide Hufe belastet hatte, würde nichts gebrochen sein, doch es würde wehtun – geschah ihm recht! „Ich zeig dich an! Dummes Scheißvieh!“, schrie er mit hoher und schmerzverzerrter Stimme. Die anderen sahen erst mich und dann Star schockiert an, dann breitete sich Ärger über ihre Gesichter. „Der zeigen wir’s.“ und „Das wird das Vieh bezahlen.“ Drang aus ihren Reihen. Eigentlich wollte ich nur so schnell wie möglich mit Star weg, doch er bewegte sich nicht. Ich buffte ihm mit dem Sporen in die Rippen, doch sein Körper vor von Angst gelähmt. Da erklang das Geräusch eines Motor, der mir nur zu bekannt war. Es war mein… unser VW und Dylan saß drin. Mit einem viel zu hohem Tempo kam er angerauscht und bremste ruckartig vor der kleinen Gruppe ab. Durch die Frontscheibe, sah ich seinen wütenden Gesichtsausdruck.
„Hey, Sie, dieser Klepper hat unseren Kumpel voll verletzt!“, rief einer der Jungs, merkte aber schnell, das Dylan klar auf meiner Seite stand. Mit einer Miene, die wohl jedem Angst eingejagt hätte, stieg er aus und kam zu mir. Doch als er auf mich und Star zukam, entspannte sich sein Gesicht. „Star.“, flüsterte er leise und einfühlsam. Ich merkte sofort wie sich der Hengst lockerte und sein Atem nicht mehr so angestrengt war. Sanft legte Dylan eine Hand an seinen Hals. Kurz schreckte der Braune zurück, bis er bemerkte, wer es war. „Scheiße, wir rufen die Polizei, Alter! Das Ding is doch gemeingefährlich!“, rief einer der Jungs mit angsterfüllter Stimme. Dylans Miene verhärtete sich wieder und er ging ein Stück auf die Gruppe zu und stellte sich damit auch schützend vor Star und mich. Mittlerweile war Star so locker, dass ich ihn vielleicht hätte wegreiten können, aber ich konnte meinen Freund hier auch nicht allein lassen. „Verschwindet einfach. Wer nicht auf den Besitzer eines Tieres hört und sich mutwillig in Gefahr begibt, kann auch niemanden anzeigen. Ganz davon abgesehen, dass das nur ein Viertel Pferdegewicht war. Seit lieber froh, dass keiner von euch einen Huf in die Fresse bekommen hat. Und jetzt verschwindet!“ Mit immer lauter werdender Stimme brüllte Dylan die Truppe Jungs an, die jetzt ganz schön blöd aus der Wäsche guckten. „Und wenn ihr jetzt nicht geht, werde ich einen von euch festnehmen und mit auf die Wache in Schillig nehmen.“, drohte er und das zog endlich. Wie feige Hunde radelten sie mit eingekniffenen Schwänzen davon in Richtung Dorf.

„Danke.“, sagte ich schlicht und versuchte mich an einem kleinen Lächeln. „Kein Problem.“ Ein schelmisches Lächeln hatte sich auf sein Gesicht geschlichen. Ein wenig heiterte mich das schon wieder auf. „Du Schauspieler!“, warf ich ihm halb empört, halb lachend vor. „Äh, was glaubst, wie das sonst funktioniert. Mit solchen Möchtegern-Gangstern muss man so umgehen.“ Das angenehme, geliebte Lachen ließ mich kurz meine Sorgen vergessen. „Naja, ich muss gleich zur Arbeit, deshalb fahr ich mal.“, meinte Dylan nun aber, was bei mir schon wieder Schlechtwetterwolken im Kopf aufkommen ließ. Und weiter ging es mit der miesen Laune.
So stieg Dylan wieder ins Auto und ich folgte ihm langsam mit Star, der noch immer ein wenig wackelig war, weil ihn dieser Schock doch ziemlich mitgenommen hatte. Gemeinsames Mittagessen konnte ich also vergessen. Jetzt musste ich mich um Star kümmern.
Auf dem Hof ritt ich gleich in den Round-Pen, stieg dort ab und legte Sattel, Decke und Zügel über den Zaun. Mit der Schnauze am Boden lief Star durch den kleinen Kreis und ließ sich schließlich nieder. Doch er wälzte sich nicht, schaute mich nur an und stand dann wieder auf. Ein Seufzen entwich mir, als mein Hengst seine Nase unter meinen Arm schob. „Ist doch alles wieder gut, mein Schatz, uns ist nichts passiert.“, flüsterte ich ihm zu und drückte mein Gesicht an seinen Hals und in seine Mähne. „Was ist denn mit dem los?“, fragte eine Ayliens Stimme. Ich drehte mich nicht um, sondern drückte Star nur noch ein wenig fester an mich. „Wir hatten eine kleine unangenehme Begegnung mit Jugendlichen. Wie der Kleine nun mal ist, hatte er ziemlich Schiss. Dylan hat uns aus der Patsche geholfen.“, erklärte ich in kürze, wobei die Hälfte wohl in der Mähne des Hengstes verloren ging. „Aha.“, antwortete Aylien nur, wobei sie diese beiden Silben ungewöhnlich lang zog. Wahrscheinlich war genau der unhilfreiche Teil der Wörter bei ihr angekommen. „Kann ich irgendwas tun? Ihr beide scheint ja ziemlich durch den Wind zu sein.“, setzte die Blonde nun erneut an, einen Annäherungsversuch zu starten. Diesmal war ich etwas gnädiger, sonst würde man mich noch für generell unfreundlich halten. „Du hast nicht zufällig Kayra gesehen? Ich hab sie weg gescheucht, damit sie keine Hufe abbekommt.“ Aylien hatte wohl gerade ein Aha-Erlebnis, jedenfalls konnte man das auf ihrem Gesicht lesen. „Ach, die hab ich als letztes bei Chris gesehen. Der hat die Kleine völlig verängstigt in der Sattelkammer im Hengststall gefunden, sie an einem Strick angeleint und dann zu deiner Oma gebracht.“ – „Die Sattelkammer scheint wohl ihr Lieblingsversteck zu sein.“, nuschelte ich in den inexistenten Bart, woraufhin Aylien nur fragend eine Augenbraue hochzog. Ich winkte jedoch einfach ab. „Hab sie da gestern schon gefunden. Aber danke. Jetzt werd‘ ich Star erstmal versorgen und dann geht’s heute Nachmittag weiter.“ Mit einem Nicken verabschiedete sich unsere Pferdeflüsterin von mir und ich wandte mich wieder meinem Hengst zu und betrachtete ihn sorgenvoll. Dieser döste jedoch schon entspannt und ließ sich die Sonne auf den Rücken scheinen. „Dir geht’s also wieder gut, wie?“, fragte ich ihn leicht empört. Die Antwort bestand aus einem Schnauben, dann schüttelte der Braune seinen Hals, sodass die vorhin von mir gekämmte Mähne nur noch mehr durcheinander geriet. Schmunzelnd strich ich ihm über den schon warmen Rücken. So langsam kam er in den Fellwechsel, dann musste er nicht mehr geschoren werden. Die geschorenen Patien waren sowieso schon fast wieder genauso lang, wie das normale Deckhaar. Viel länger wurde sein Fell zwar im Winter auch nicht, aber es machte trotzdem schon einen Unterschied.

Nachdem ich noch 10 Minuten wartete, ließ er sich auch endlich nieder, um sich zu wälzen, dann befestigte ich die Zügel wieder und führte ihn zum Putzplatz. Dort putzte ich den Sand sorgfältig aus seinem Fell und legte ihm dann erst einmal die Abschwitzdecke über. Sattel, Trense, Gamaschen, Streichkappen und Stalldecke brachte ich in die Sattelkammer und die Stalldecke in seine Box. Aus der Sattelkammer brachte ich gleich die Weidedecke mit und legte sie meinem noch viel zu nackten Braunen über. „So, mein Dicker, für dich geht’s jetzt erstmal auf den Paddock.“, kündigte ich an und die Stars Ohren stellten sich auf. Kurz schnappte ich mir noch einen Besen und fegte meinen Platz sauber, dann schnappte ich mir Stars Strick und ließ ihn am langen Strick neben mir her laufen. Im üblichen Trott marschierten wir zu den nahen Paddocks. Auf einem der Paddocks stand Kiras Hengst Secret Symphony allein. Da beide sehr umgänglich waren und die anderen Paddocks auch größtenteils belegt waren oder von Pferden belegt wurden, mit denen Star nicht zurechtkam, stellte ich ihn dazu. Mit einen hellen Quietschen begrüßten sich beide kabbelten sich kurz ein wenig, indem sie sich an den Mähnen zupften und leicht in den Hals zwickten, doch dann wurden sie umgänglich und putzten sich gegenseitig ein wenig das Fell, soweit es die Decken eben zuließen.

„Kayra!“, rief ich die Hündin, als ich durch die Haustür trat. Die weiß-braune Hündin kam sofort aus der Küche meiner Großmutter getrabt und wedelte zaghaft mit der Rute. Liebevoll strich ich ihr über den Kopf. „Bist ein gutes Mädchen.“ – „Ja, das ist sie wirklich.“, sagte sie Stimme meiner Oma, die aus der Küchentür schaute. „Hat sich vorbildlich verhalten.“ – „Danke für den Statusbericht. Ist Dylan schon weg?“ Sie nickte. So ein Scheiß, aber wenn eines meiner Pferde so verstört war, wobei das eigentlich nur bei Star öfter mal vorkam, konnte ich es nicht einfach allein lassen. Ein tiefer Seufzer entkam mir und ich erntete sofort einen fragenden Blick. „Alles in Ordnung.“, grummelte ich nur und stapfte dann nach oben.
Ich ließ Stiefel und Jacke an der Garderobe und die Stiefel eben darunter, dann tapste ich gefolgt von Kayra in die Küche. Nach einem kurzen Mittagessen, das aus einem Sandwich mit Käse und Salami bestand, schnappte ich mir eine Wasserflasche und zog mich wieder an. Die Flasche nahm ich mit. Das würde ein langer Nachmittag und ich wollte ja nicht verdursten.
Als erstes führte mich mein Weg – und der Kayras - in den Hengststall. Mein Neuster sollte seine Besitzerin mal wieder zu Gesicht bekommen. Doch als ich an seiner Box ankam, war diese leer. In der Hoffnung ihn bei den anderen Hengsten auf dem Paddock oder der Weide zu finden, klapperte ich alle Weiden und Paddocks rund um den Hof ab, fand den Fuchs jedoch nicht. Etwas verzweifelt, weil ich keine Ahnung hatte stand ich nun wieder vor seiner Box. „Anna?“ – „Ja?“, fragte ich zurück und blickte mich erst dann um. Doch ich hatte schon vorher ganz klar Katarinas Stimme erkannt. „Du weißt schon, dass ich vorgestern gesagt hab, dass ich Uncut heute auch mache, weil ich mit ihm ein bisschen mehr arbeiten wollte, oder?“ Ein genervtes Seufzen kam über meine Lippen und ich konnte nur noch über mich selbst den Kopf schütteln. Das war dieser ganze Stress mit Alex – bestimmt! Gut, eigentlich war es sonst ja auch nicht schlimmer. Dennoch, die Sache mit Alex machte es nicht besser! „Okay, danke, Kat. Dann werd‘ ich mich mal gleich auf zu Melody machen.“ – „Alles klar. Ich bin dann auch gleich fertig und dann fahr ich nach Hause. Tschüss dann!“, verabschiedete sich die junge Dunkelhaarige wieder von mir und lief mit federnden Schritten davon. Warum hatte Kat eigentlich so gute Laune? In der Erkenntnis, dass mich das nichts anging, wandte ich mich nun auch zum Gehen und ging zum Offenstall.
Meine Braune stand gerade draußen und ließ die Sonne auf ihr Fell scheinen. Die Ohren hingen entspannt leicht hinab und die Lider waren halb geschlossen. Doch als sie Schritte hörte, hob sie den Kopf. „Hallo, Kleine. Wie geht’s uns denn heute?“, fragte ich sie und blieb am Zaun stehen. Es dauerte ein wenig, doch dann setzte sich die Stute in Bewegung und ließ sich von mir kraulen. Ihr Fell war warm von der Sonne und fühlte sich wunderbar weich an. Doch ich merkte, dass ihr langsam das Winterfell ausging. Ein paar Haare lösten sich, fielen zu Boden oder wurden von der sanften Brise hinfort getragen. Eine Weile stand ich einfach nur dort mit ihr und genoss diesen Moment der Ruhe. Sie war nicht oft so lieb und deshalb kostete ich diesen Augenblick so gut aus, wie ich konnte.
Mit einem freudigen Quietschen riss Melody auf einmal den Kopf empor und galoppierte buckelnd ans andere Ende des Paddocks, nur um dann wieder zu mir zurückzukommen. „Ich denke, wir machen heute einen kleinen Ausritt.“, flüsterte ich und sagte dies mehr zu mir selbst als zu ihr oder jemand anderem. Eine Pfote, die sich an mein Bein legte, erinnerte mich an meine Hündin, die nun zu meinen Füßen saß. „Und du kommst natürlich auch mit.“ Ich bedachte Kay mit einem liebevollen Blick und machte mich dann auf den Weg in den Stall, um Halfter und Strick zu holen.

Das konstante Klappern der Hufe auf der Asphaltstraße in Richtung Dorf war beruhigend. Es war so gewohnt und der gleichmäßige Rhythmus beruhigte aufgewühlte Gemüter. Einatmen und ausatmen und einatmen und ausatmen – immer im Rhythmus. Die klare Seeluft ließ meinen Kopf frei werden und ich hatte das Gefühl, die Last, die auf mir lag, würde leichter. Melody hatte die Nase weit vorgestreckt und durfte am langen Zügel schreiten. Ich war noch nicht so oft mit ihr ins Dorf geritten, heute würden wir uns einfach mal ein paar Autos und Fremde Menschen angucken. Doch wie ich sie einschätzte würde beides kein Problem darstellen. Plötzlich ging ein Ruck durch den Körper meiner Stute und ich wurde wieder aufmerksam. Ohne zu wissen, was los war, nahm ich die Zügel leicht auf. Dann verfolgte ich den Blick meiner Braunen und erblickte zu meiner Freude Mary und ihren Husky Anuniak. Dieser lief locker neben seiner Besitzerin her, während diese ordentlich in die Pedale trat. „Hallo Anna!“, rief sie mir schon freundlich lächelnd entgegen. Seit heute Morgen hatte sich meine Laune deutlich gebessert und so war ich zu einem richtigen Lächeln im Stande. Als Mary uns erreichte blieb sie stehen und ich gab Meli mit Schenkel und einer kleinen Parade zu verstehen, stehen zu bleiben. „Na, Pferd Nummer wieviel bearbeitest du gerade?“, fragte sie ein wenig außer Atem. Anuniak lief derweilen interessiert um uns herum und schaute dann zu Meli hoch, die wiederum auf ihn herunter schaute. Spielerisch wuffte er kurz und Melody zog den Kopf wieder hoch. Kayra wirkte dagegen sehr schüchtern und der Husky interessierte sich nicht für sie. „Das ist erst Pferd Nummer 2. Star hab ich heute Morgen gemacht, Uncut ist von Kat beschäftigt worden und später mache ich noch was mit Call. Jetzt wollte ich gerade ein wenig ins Dorf reiten und übers Feld dann zurück. „Schön, ich schau jetzt erstmal nach meinen beiden und lass sie vielleicht mal ein bisschen in die Halle.“ Ich mochte Mary, sie strahlte immer etwas Positives aus. Eigentlich tat sie ähnliches, was ich immer versuchte zu tun – freundlich, humorvoll, hilfsbereit und optimistisch sein. Kurz sah ich ihr und dem schwarz-weißen Husky hinterher, ehe ich wieder anritt. Kurz sah ich zu Kayra, doch sie folgte uns im typischen Hundetrab.
In gelassenem Schritt ritten wir weiter und etwa 50 Meter vor der Ortschaft trabte ich an. Ich ging leicht und versuchte nun ein wenig meine Stute mit dem Kopf herunter zu arbeiten. Schnell trugen uns die geschwungenen Schritte zum Ortseingang und den durchtrabte ich einfach. Ein paar Leute waren in ihren Gärten am Arbeiten, ein paar Kinder spielten auf der Straße. Aus reiner Vorsicht bremste ich Melody wieder ab und parierte sie zum Schritt. Kayra nahm aufgrund der spielenden Kinder schon abstand und benutzte lieber den Bürgersteig der anderen Straßenseite, wo keine Kinder waren. „Hallo Anna!“, rief ein kleines Mädchen, das ich erst nicht zuordnen konnte, doch dann wusste ich wer sie war. „Hallo, Ida. Na, wie geht’s euch?“, antwortete ich ihr und parierte Melody vor ihr zum Steh. Das kleine blonde Mädchen nickte eifrig. „Ja, mir geht es gut, nur Mama momentan nicht so. Ich weiß nicht, was sie hat, aber ich bin momentan bei Oma und Mama ist im Krankenhaus.“ Diese Antwort verschlug mir kurz die Sprache. Ida war die Tochter von einer früheren guten Freundin von mir. Wir hatten damals oft zusammen gespielt, wenn ich in den Ferien hier war. Und Marie – so war ihr Name – war die Tochter von Gerda, der Ladenbesitzerin. „Das klingt nicht gut. Liegt sie in Schillig im Krankenhaus?“ Wieder ein Nicken. „Dann wird‘ ich sie wohl mal besuchen.“ – „Ja, darüber wird sie sich bestimmt freuen.“, sagte Ida erfreut und ein freudiges Strahlen breitete sich auf ihr Gesicht, als sie Melody betrachtete. „Willst du sie mal Streicheln?“, fragte ich mit einem Schmunzeln und Ida nickte wieder. Also nahm ich die Stiefel aus den Bügeln und stieg ab. Eine Hand immer an den Zügeln ging ich einmal um Melody herum, sodass Ida auf der einen und ich auf der anderen Seite von ihr stand. Aus meiner Hosentasche kramte ich ein kleines Stück Brot hervor. „Na, komm, mein Mädchen.“, sprach ich auffordernd zu ihr und ließ meine Hand mit dem Stück Brot ein Stück herunter wandern, sodass ihr Kopf auf Idas Höhe war. Vorsichtig legte das kleine Mädchen ihre Hand auf die Stirn der Stute und betrachtete sie mit Ehrfurcht. Mit leisem Knuspern verputzte Meli das Stück Brot und wandte sich dann dem komischen kleinen Menschen zu, der sie da anfasste. Ida und Melody waren ungefähr gleich alt – Ida war 5 und Melody 4. Interessiert stupste die Braune das kleine Mädchen leicht in den Bauch. Diese kicherte vor sich hin und legte beide Hände hinter den Nüstern an die weiche Pferdeschnauze.
„Ida!“, rief jemand den Namen der Kleinen und wir alle drei drehten uns in eine Richtung – Melody und Ida in die richtige und ich in die falsche. Nachdem ich meinen Fauxpas bemerkt hatte, drehte auch ich mich nun in die richtige Richtung und erkannte Gerda die Straße entlang kommen. „Oh, hallo, Anna.“, begrüßte sie mich knapp. „Komm, Ida, wir müssen ins Krankenhaus. Der Arzt möchte mit mir und Mama etwas besprechen.“ Sie nahm Ida am Arm und versuchte sie mitzuziehen, doch das kleine Mädchen blieb stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich will aber nicht schon wieder in dieses doofe Krankenhaus. Es ist nicht schön da und es riecht eklig in Krankenhäusern!“, rief sie mit kindlichem Trotz. Ida sah mich bettelnd an. Fragend runzelte ich die Stirn, ehe ich begriff was sie vor hatte. Ich mochte Kinder wirklich, aber… Nein, nein, definitiv nicht! „Ida, ich kann nicht auf dich aufpassen, ich hab noch zu tun und muss auch noch zum Zubehörladen. Und heute Abend bekomme ich noch Besuch…“ Bei dem Gedanken an Alex blieb mir der Rest des Satzes im Hals stecken. „Ich würde sie spätestens in zwei Stunden wieder abholen. Hast du um 4 dann noch genug Zeit?“ – „Ja, also… naja, eine halbe Stunde früher vielleicht – ginge das? Ich wollte noch die große Runde über den Strand drehen, deshalb.“, versuchte ich mich herauszureden, doch meine Versuche schlugen fehl. „Gut, 1 ½ Stunden, dann bist du sie wieder los. Ich muss dann auch. Tschüss!“ Verdattert blieb ich stehen, schaute hinter Gerda her, dann zu Ida und dann zu Melody. Erst dann erinnerte ich mich an Kayra und schaute mich nach ihr um. Ein Schnalzen genügte und sie kam mit ängstlich gesenkter Rute zu mir.
„Okay, dann würde ich sagen, wir gehen zurück zum Hof. Ich kann dich schlecht die ganze Zeit vor den Sattel setzen.“, meinte ich schließlich zu Ida, doch sie schien diese Idee zu begeistern. „Nein, kommt nicht in Frage. Ich vertraue dieser Stute zwar mein Leben an, aber nicht deines.“ Meine Stimme war bestimmt und ich meinte es ernst. Melody war zwar ein gutes Pferd und ich hatte mich noch nie verletzt, doch ich war es gewohnt von ihrem Rücken zu knallen. Außerdem hatte Ida keinen Reithelm. Mit einem etwas enttäuschten Ausdruck betrachtete sie Melody. „Aber sie ist doch so lieb…“ Ich seufzte. „Du hast keinen Helm und ich bin schon oft genug abgeworfen wurden. Wir laufen, aber dann hab ich eine Überraschung für dich.“ Ein aufmunterndes Lächeln meinerseits und das Gesicht der Kleinen strahlte.

Während des Rückwegs plapperte Ida vor sich hin und ich sagte eher wenig. Irgendwie war es schon fast wieder wie sonst auch. Ich bekam Aufgaben aufgedrückt und wehrte mich nicht weiter. Doch irgendwie machte ich es auch gern. Zum Führen hatte ich die Zügel von Melis Hals genommen und hielt sie locker in der Hand. In gemütlichem Schritt ging sie neben mir her und schien auch das mal ein wenig zu genießen. Auf dem Hof kam uns Emily auf Camael entgegen. „Hi, Anna!“, rief sie mir entgegen. Camael schien sich dagegen sehr für Melody zu interessieren, die aber eher weniger angetan von dem Araber zu sein schien. „Hey, Emily. Pass beim Ausreiten auf, hatte heute selbst schon eine unangenehme Begegnung mit so ein paar Jugendlichen.“ Dass Emily selbst praktisch eine dieser „Jugendlichen“ war, ließ ich außen vor. Sie schien mit deutlich reifer als diese Trottel, denen ich begegnet war. „Danke, ich werd aufpassen.“ Sie lächelte dankbar und ritt dann vom Hof. „Oh, das war ein schönes Pferd.“, sagte Ida, die ich gerade beinah vergessen hatte. „Ja, das war ein Araber. Ganz schön kompliziert manchmal, aber wunderschön.“, stimmte ich ihr zu und ging dann weiter – Ida und Kayra folgten uns.
„So, ich muss Melody jetzt nochmal ein bisschen laufen lassen, sonst geht morgen wieder nichts. Du kannst ruhig mit rein kommen, wenn du bei mir bleibst.“, erklärte ich Ida, während ich Melis Sattel schon einmal abmachte und vorsichtig auf den Boden legte. Das Mädchen nickte eifrig und als ich Melody in der Halle abmachte blieb sie brav an meiner Seite. Die Braune lief mit hängendem Kopf durch die Halle, schien dann aber zu begreifen, dass sie eigentlich noch nichts getan hatte und trabte an. Mit hoch erhobenem Kopf und Schweif trabte sie ganze Bahn und genoss die Freiheit ohne Sattel. Schließlich holte ich mir eine Peitsche und half ein wenig nach. Wild buckelnd sprang sie in den Galopp und preschte die langen Seiten entlang. Nach kurzer Zeit schnitt ich ihr dann den Weg ab und ließ sie noch einmal auf der anderen Hand galoppieren. Dann war es aber genug und ich packte die Peitsche wieder weg. Melody durfte sich jetzt noch ein wenig wälzen, dafür verließen Ida und ich die Halle schon einmal.
„Was hast du denn alles für Pferde, Anna?“, fragte Ida schließlich nach kurzem Schweigen. Kayra kam zu mir und schaute erwartend zu mir hoch, also hockte ich mich hin und streichelte sie, ehe ich antwortete. „Ich habe vier Warmblüter, also solche Pferde wie Melody. Ich habe noch Canadian Star, Melodys Vater, einen weiteren Hengst namens Uncut und noch eine Stute, die ich nachher auch noch ausreiten werde.“ Ein erstaunter Gesichtsausdruck breitete sich auf das Gesicht des Mädchens. „Und du reitest jeden Tag alle?“, fragte sie weiter und runzelte die Stirn. Diese Frage brachte mich zum Lachen. „Nein, natürlich nicht. Wie du siehst, kann man mit Pferden auch noch andere Dinge machen als reiten und ich habe auch noch genug Leute, die mir helfen können. Meine Schwester Sara zum Beispiel oder meinen Freund.“, erklärte ich ihr und streichelte Kayra währenddessen. Nachdenklich nickte Ida und schaute dann nach oben. Mein Blick folgte dem Ihren und ich erblickte Melody. „Na, fertig, Kleine?“, fragte ich sie und richtete mich auf. Dann holte ich die Zügel und führte Melody zum Putzplatz.

Melody war fertig mit der Arbeit und jetzt auf der Weide. Und Ida und ich waren auf dem Weg zu den Shettys. Noch ahnte die Kleine nichts und das sollte auch so bleiben, bis sie die kleinen Schlawiner sah. Als wir näher kamen hörte ich schon ein helles Wiehern. Es war Yara. Die schöne Tigerscheckenstute stand am Zaun und beobachtete uns. „Oh, Ponys!“, rief Ida freudig aus und lief zum Zaun vor. Schmunzelnd ging ich ihr langsamer hinterher. Nicht nur Yara war nun zum Zaun gekommen, sondern auch Herkules und Reva. Alle drei schauten sich den kleinen Menschen interessiert an und beschnupperten sie. Ida kicherte vor sich hin und knuddelte alle drei abwechselnd. Ich schaute es mir eine Weile an bis ich vorschlug, auf die Weide zu gehen. Natürlich musste ich Ida nicht lange bitten und so gingen wir durch das Tor und ich schloss es sorgfältig hinter mir, damit die Ponys nicht abhauten. Wieder kam das Trio zu uns, die anderen interessierten sich nicht so für uns. Interessiert beschnupperten sie uns und Ida. Schmunzelnd verwuschelte ich Reva die dunkle Mähne.
Eine Weile blieben wir bei den Ponys, bis ich schließlich auf die Uhr schaute. Es war schon viertel nach 3, was bedeutete, dass Gerda Ida bald abholen würde. Eigentlich reichte die Zeit für nichts, was ich noch vor hatte und doch musste ich noch irgendetwas tun. Andererseits war es nicht unmöglich zu schaffen in einer halben Stunde ins Dorf zu fahren, etwas einzukaufen und dann wieder zurückzufahren. Doch Ida würde sich dabei auch langweilen. Warum hatte ich mich überhaupt auf diesen Babysittingjob eingelassen. Moment! Hatte ich nicht, man hatte ihn mir aufgedrückt. Na, klasse, was sollte ich jetzt bloß machen? Ein paar Augenblicke vergingen, bis ich einen Geistesblitz hatte. Ich blieb einfach hier bei den Ponys. Die Kleinen schienen Ida furchtbar interessant zu finden, manche von ihnen hatten wohl so einen kleinen Menschen noch nie gesehen. Herkules jedenfalls sah immer noch etwas skeptisch aus, was er nun mit dem kleinen Menschlein anfangen sollte und stupste Ida ab und an mit der Nase an. Diese kicherte nur erheitert und stupste ihn dann sanft zurück. Irgendwann zog ich mich an den Tor zurück und lehnte mich daran an – wir hatten am Tor keinen Elektrozaun, sondern nur ein mit Metallstangen verstrebtes Tor, welches völlig ausreichte. Hinter dem Zaun saß Kayra und beobachtete Ida und die Ponys aufmerksam. Sie wirkte heute viel sicherer als gestern und das machte mich glücklich. War sie gestern noch völlig verängstigt gewesen, hatte sie nun an Vertrauen zu mir gewonnen und sich schnell an mich gebunden. Wie selbstverständlich folgte sie mir und schien auch in meine Großmutter Vertrauen gefasst zu haben. Dylan schien ihr zwar noch immer etwas suspekt, doch auch an ihn würde sich die Hündin gewöhnen.
Zu meinem Glück konnte ich Ida lange mit den Ponys beschäftigen und so war es kurz vor halb Vier als ich das nächste mal auf die Uhr schaute. „Ida, komm, wir müssen los, sonst findet uns deine Oma nicht!“, rief ich ihr zu. Etwas widerwillig löste sie sich von den Ponys und knuddelte Yara zum Abschied noch einmal fest. Als wir beide durch das Tor getreten waren, raste Reva über die Weide davon und buckelte wie eine Möchtegern-Melody. Herkules hingegen blieb noch etwas stehen und verabschiedete uns schließlich mit einem hellen Wiehern. Idas Gesicht strahlte voller Glück und das freute mich. Wenn es schon ihrer Mutter nicht gut ging, musste man versuchen sie ein wenig abzulenken und ihr eine Freude zu machen – das hatte ich wohl geschafft.
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Mo Nov 25, 2013 6:51 am

„Tschüss, Anna!“ Aus dem offenen Beifahrerfenster winkte Ida mir zum Abschluss, ehe der Polo beschleunigte und sie sich ins Autoinnere zurückzog. Ich stand noch einen Moment dort und wollte mich gerade umdrehen, als ich ein lautes Motorengeräusch hörte. Kayra zog sofort die Rute ein und lief hinter das Haupthaus in den Garten, wo sie durch die Kellertür ins Innere kam. Eine schwarze Yamaha schoss die Zufahrtsstraße zum Hof entlang und verminderte ihr Tempo erst kurz vor dem Hof. Kayra zog sofort die Rute ein und lief hinter das Haupthaus in den Garten, wo sie durch die Kellertür ins Innere kam. Kurz vor mir kam sie zum Stehen und der Fahrer nahm den Helm ab. Die blonden Haare sahen verdammt perfekt aus, was mich irgendwie ärgerte. Wenn ich meinen Reithelm abnahm sah ich immer furchtbar aus. Aber nein, Mister Perfect konnte auch einen Motorradhelm tragen und sah noch immer zum Anbeißen aus. Hallo? Du bist schon in einer festen Beziehung!, wurde mir von meiner inneren Stimme an den Kopf geworfen – und sie hatte ja völlig recht.
„Hat es dir die Sprache verschlagen, Annaschatz?“, klang die neckende, tiefe, wohlklingende… Stopp! Was zum Teufel sollte das denn schon wieder?! Abfällig schnaubte ich. In mir tobte ein Sturm der Gefühle. Ich war so froh, dass ich Alex wieder hatte und hätte schon wieder heulen können. Aber ich war auch sauer auf ihn, weil er sich so lange nicht gemeldet hatte. Und dann verspürte ich auch noch ein Verlangen tief in meinem Herzen, ihn wieder so zu behandeln wie früher – ihn so zu küssen wie früher, seinen Körper an meinem zu spüren. Dann fühlte ich mich allerdings schuldig, weil ich doch mit Dylan zusammen war und das auch definitiv bleiben wollte. Vielleicht hatte Alex sich geändert, doch wenn er immer noch so sprunghaft war wie damals, würde er mich nicht glücklich machen. „Ne, schon gut. Hab‘ gehört, du warst vorhin schonmal da? Ich glaube, die halten dich hier für meinen Stalker.“, gab ich nun zurück und konnte mir ein leises Kichern nicht verkneifen. Alex hatte nun sein Motorrad abgestellt und kam zu mir. Im Gehen öffnete er die Lederjacke unter der er anscheinend nur ein T-shirt trug. „Hat die Hitze Australiens irgendwie deine Körpertemperatur verändert oder wieso bist du angezogen, als hätten wir 20 Grad?“ Mit leicht irritiertem Blick sah ich an ihm herunter und dann wieder in seine stahlblauen Augen. Mein Kommentar entlockte ihm ein jungenhaftes Grinsen. „Ich denke, wenn wir 20 Grad hätten, dann hätte ich keine Jacke mehr an.“, antwortete er. „Hast du noch was vor oder habe ich dich heute Abend für mich?“ – „Hab nichts geplant, aber ein Pferdchen wartet noch auf den versprochenen Ausritt. Allerdings denke ich, dass eines unserer Westernpferde auch mal eine kleine Runde gebrauchen könnte.“ Mit einem verschmitzten Lächeln wandte ich mich um und erwartete, dass der Blonde mir folgte.

Ohne ein weiteres Wort von mir zu geben, drückte ich Alex Cantus Strick in die Hand. „Wir sehen uns am Putzplatz!“, verabschiedete ich mich und marschierte mit federnden Schritten zum Stutenstall.
„So gute Laune auf einmal?“, sprach mich von hinten jemand an. Als ich mich umdrehte erkannte ich Ilana. „Ja, der Tag hat sich schlagartig verbessert. Okay… eigentlich wurde er viel chaotischer und verwirrender, aber der größte Teil meines Verstandes scheint der Meinung zu sein, dass diese Veränderung gut ist.“, antwortete ich und lächelte glücklich. Ilanas Blick nach zu urteilen musste ich seltsam verliebt aussehen. „Aha… hat das etwa mit diesem Typen beim Putzplatz zu tun. Verdammt, der sieht gut aus!“ Ertappt grinste ich, merkte dann aber wie falsch das war und mein Grinsen verschwand von meinem Gesicht, als hätte man es herunter gewischt. „Ja, irgendwie liegt es an ihm. Es ist… kompliziert.“
„Kompliziert.“, echote Ilana und grinste sich eins. „Nicht vergessen, dass du noch den Anderen hast.“ Sie zwinkerte mir zu und wandte sich dann um. „Tschüssi und viel Spaß noch!“, verabschiedete sie sich und ließ noch einmal ihr helles Lachen erklingen. Grinsend schüttelte ich den Kopf. Seit heute Morgen war ich mal wieder so glücklich, dass mein Bauch von einem Achterbahngefühl erfüllt war, und jetzt sollte ich mich schuldig fühlen? Nach kurzem Überlegen sah ich Call in die dunkeln Augen. „Weißt du was, Call? Scheiß drauf!“
Als würde ich Werbung für die neuste Reitermode machen, lief ich catwalkmäßig mit Call am langen Strick zum Putzplatz und wackelte dabei ein wenig übertrieben mit dem Arsch, was Alex natürlich nicht entging. Als ich an ihm vorbeiging grinste er und ich musste unwillkürlich zurück grinsen. „Hey, schön das Pokerface auf dem Catwalk behalten!“, beschwerte er sich halb ernst, halb lachend. Gespielt genervt verdrehte ich die Augen und band Call mit geübten Handgriffen fest. Dann stiefelte ich wieder zurück in den Stall, um ihren Putzkasten zu holen.
„Hey, Kleine!“ Chris lugte zur Tür der Sattelkammer herein und hatte ein freches Grinsen auf dem Gesicht. „Seit wann bin ich ‚Kleine‘, solltest du mich nicht eher ‚Meisterin‘ nennen?“, konterte ich und erntete einen anerkennenden Blick. „Haben wir heute nur besonders gute Laune oder gelernt zu Kontern?“ – „Ich weiß nicht. Vermutlich beides.“ Grinsend spazierte ich an ihm vorbei und buffte ihm leicht mit der Faust auf den Oberarm. Lachend wandte er sich um und wir gingen wieder unsere Wege.

Es dauerte nicht allzu lange bis wir beide fertig waren. Cantus fühlte sich neben Call ein wenig eingeschüchtert und hatte die Ohren leicht ängstlich zurückgelegt, doch die Fuchsstute interessierte das recht wenig. Sie ging unter mir im fleißigen Schritt voran. Seit wir vom Hof geritten waren, schwiegen wir. Ich genoss die Sonnenstrahlen und legte den Kopf leicht in den Nacken. Tief atmete ich ein und aus, roch die würzige Luft und fühlte den leichten Wind. Es war mal wieder ein wunderschöner Tag und ich hoffte, dass es bald noch schöner und wärmer wurde. Im Sommer würden wir dann endlich wieder durchs Wasser reiten können. Der salzige Geschmack auf den Lippen und der einzigartige Geruch von natürlichem Meerwasser. Wie oft war ich schon an diesem Strand gewesen, hatte mit meinen Pferden wie eine Bekloppte im Wasser geplanscht. Star war ein wenig wasserscheu, doch wenn er erst einmal drin war, bekam man ihn schwer wieder heraus.
„Es… es tut mir leid.“ Mit aufgerissenen Augen sah ich Alex fassungslos an. „Was?“ Er seufzte und fuhr sich durch die Haare. „Dass ich gegangen bin und mich nicht gemeldet hab. Dass ich so blöd war gestern Abend und Dylan ganz eindeutig nicht damit einverstanden ist, dass ich wieder da bin. Und dass ich dich zum Weinen gebracht habe.“, erklärte er mit niedergeschlagener Stimme und blickte auf den Sattelknauf. Wie gestern kamen Tränen in mir hoch. Wie wild versuchte ich sie wegzublinzeln, doch es hatte keinen Sinn. Mein Blick verschwamm und die Tränen rollten über meine Wangen. Kurze Zeit später begann ich äußerst unschön zu schluchzen und parierte Call zum Stehen durch. Brav blieb sie stehen und schnaubte unruhig. Sie spürte das Chaos ihrer Reiterin, spürte dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Sanft strich ich über ihren Hals, konzentrierte mich auf die Wärme, die durch meine Handschuhe drang. Nur am Rande nahm ich wahr, dass auch Alex anhielt und mich besorgt anblickte. Am liebsten hätte ich mich jetzt einfach an ihn gekuschelt und seiner kräftigen Brust geweint bis ich endlich begriff, dass er wieder hier war. Doch das ging nicht. Es ging nicht, weil ich einen festen Freund hatte, den ich nicht verlieren wollte. Es ging nicht, weil ich es dann noch weniger geschafft hätte, von den Gefühlen, die ich hegte abzulassen.
„Schsch, nicht schon wieder weinen. Ich bin es, der sich elend fühlen sollte, nicht du.“, redete er beruhigend auf mich ein. So gern hätte ich seine Berührung gespürt, aber Call schien zu meinen, mich beschützen zu müssen und drohte Cantus äußerst bestimmt. Keine Ahnung, wie lange es dauerte bis ich mich von dem heulenden Klötzchen Elend wieder in mich selbst verwandelte, doch schließlich ritten wir weiter. „Wo ist eigentlich dein Optimismus geblieben?“ – „Gestern auf dem Parkplatz verloren, schätze ich.“, antwortete ich knapp und spielte mit der fuchsfarbenden Mähne meiner Stute. „So ein Pech aber auch. Müssen wir die heute Abend noch suchen gehen oder können wir auch was anderes machen?“ Grinsend schüttelte ich den Kopf. „Na, dann ist’s ja gut. Ich dachte sowieso eher an einen netten Abend zu zweit. Vielleicht mit Wein, gutem Essen und deiner Gitarre.“ Oh Gott, ich muss vorher Selbstmord begehen, wenn ich meine Prinzipien einhalten will! Die Alarmglocken schrillten, was das Zeug hielt – jedenfalls in meinem Kopf. Nach außen blieb ich gelassen. „Schöne Idee. Allerdings müssen wir noch einkaufen. Was hältst du von Bami Goreng? Zwar kein typisches Gericht um Wein dazu zu trinken, aber wir können uns ja Sake besorgen.“, erläuterte ich meinen Plan und grinste ihn frech an. „Klingt gut, aber was die Sake betrifft: Lieber nicht!“, lachte er. Gleich darauf ließ er Cantus antraben. „Hey, nicht einfach so abhauen!“, rief ich ihm lachend hinterher und trieb Call mit sanftem Schenkeldruck vorwärts. Mit den großen Schritten hatte Call bald aufgeholt und trabte ruhig neben dem kleineren Wallach her.

Als wir schließlich auf den Strand ritten, spürte ich schon wie sich die Aufmerksamkeit meiner Stute steigerte. Sie erwartete den schnellen Galopp über den langen Strand und war voller Vorfreude ganz angespannt. „Mach dich locker, Call, geht ja gleich los.“ Sanft tätschelte ich ihr den Hals und wechselte dann einen Blick mit Alex. Dieser antwortete mit einem schlichten Nicken, dann gab ich die Galopphilfe. Mit der kräftigen Hinterhand drückte sich Call nach vorn ab und machte einen großen Satz. Der Sand flog hinter uns in die Luft. Mit großen Sprüngen kämpfte sich meine Stute nach vorn. Ich ging in den leichten Sitz und gab der Fuchsstute etwas mehr Freiheit. Der Wind zog an meiner Kleidung und trieb mir Tränen in die Augen. Doch ich fühlte mich wieder frei, so frei wie man sich fühlen konnte. Mit Call könnte ich einfach bis Schillig weiter reiten, vielleicht sogar noch weiter – bis ans Ende der Welt. Obwohl sie so speziell war, war sie mir die beste Freundin, die ich haben könnte. Sie passte auf mich auf, wie niemand anders, obwohl das wohl etwas unglaubwürdig klang, wenn man manchmal sah, wie sie widerwillig ihren Kopf umher warf. Doch sie würde mir niemals etwas tun und wenn wir solchen Typen wie heute Morgen begegnen würden, würde sie alles tun, um mich zu beschützen.
Eng schmiegte ich mich an ihren kräftigen Körper und genoss nunmehr den Wind, der an uns zerrte und ihre kurze Mähne in Strähnen fliegen ließ. Mit einem kurzen Blick nach hinten stellte ich fest, dass Alex und Cantus etwas weiter hinter uns waren. Widerwillig zügelte ich meine Füchsin und saß wieder ein bis wir im Trab waren. Dann bog ich ab und ritt die Dünen hinauf. Nach wenigen Sekunden waren Alex und Cantus auch wieder neben uns. „Ganz schön fix, die Kleine.“, bemerkte Alex anerkennend. „Ja, langsam is‘ nicht so unser Ding.“ Ich grinste ihn frech an und bemerkte tief in meinem Herzen erneut dieses Gefühl. War es Liebe? Vielleicht auch die Angst ihn wieder zu verlieren oder das Glück über seine Rückkehr. Meine Gefühle spielten verrückt und ich hatte keine Ahnung mehr, was sie mir sagen wollten. Ruckartig wandte ich mich wieder nach vorn und trieb Call etwas vorwärts. Die Hannoveraner Stute reagierte augenblicklich und ihre eben noch schleppenden Schritte wurden wieder etwas größer.

Die Hufe unserer Pferde klapperten auf dem Pflaster des Hofes. Ich hatte den Rest des Ausritts geschwiegen, weil ich befürchtete, etwas zu sagen, in das Alex womöglich zu viel interpretieren konnte. Alles entwickelte sich gerade in eine ganz falsche Richtung. Ich hatte Alex wieder als meinen besten Freund gewollt, so wie früher. Doch seit er wieder da war, spürte ich wieder alles, was damals zwischen uns gewesen war, als wir eine Beziehung geführt hatten. Wir waren jung und schon seit Jahren befreundet, wäre Alex nicht einfach verschwunden, hätte das zwar unsere Freundschaft zerstört, doch es hätte auch alle Hoffnungen und alle Gefühle für ihn in mir gelöscht. Doch jetzt, wo er wieder da war, kam alles wieder hoch, so sehr ich dagegen ankämpfte.
Am Putzplatz stiegen wir ab und machten uns schweigend daran die Pferde wieder für die Boxen fertig zu machen. So langsam wurde es dunkler und ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits halb Sieben war. Wenn ich noch zu Holger ins Reitgeschäft wollte, musste ich mich beeilen. Da kam mir eine Idee. „Alex, könntest du Call fertig machen und in die Box bringen? Ich muss noch eben ins Reitgeschäft und dann würde ich gleich alles, was ich noch brauche einkaufen. Wenn du fertig bist kannst du hoch gehen oder so. Meine Oma macht dir auf.“, erläuterte ich knapp alles und lugte unter Calls Hals hindurch. Kurz überlegte der Blonde, nickte dann. „Alles klar, ich hoffe nur, das rote Kraftpaket rennt mich nicht über den Haufen.“ Ich machte eine wegwerfende Handbewegung und grinste. „Keine Sorge, die hat jetzt ein bisschen Power abgelassen. Und was machst du dir eigentlich sorgen, Mr. Mucki-Man?“ Lachend wandte ich mich um und viel in Trab.

Oben in der Wohnung begrüßte mich Kayra fröhlich. Oma musste sie nach oben gelassen haben. Da ich keine Zeit mehr hatte, mich umzuziehen schnappte ich mir nur den Autoschlüssel. Dann ging es schon wieder die Treppe runter und ich ging zu meinem Auto – dicht gefolgt von meiner Hündin. Kay ließ ich auf die Rückbank springen und setzte mich selbst vorn in den Geländewagen. Schnell ließ ich ihn an und sauste dann vom Hof.
Im Reitgeschäft war noch Höchstbetrieb. Dort traf ich Vivi, die auch gerade ein Halsband für ihren Akash kaufte, der jedoch gerade nicht zugegen war. „Hi, nochmal!“, begrüßte ich sie, viel fröhlicher als heute Morgen. „Hallo…“, brummelte sie. Vermutlich war sie noch immer etwas sauer auf mich wegen heute Morgen. Holger lächelte ich nur zu und er lächelte zurück, dann ging ich zu den Hundeartikeln. Hier bekam man alles, was ein anständiger Hund brauchte. Ich wählte ein mittelgroßes Schlafkissen in dunkelgrau, ein schwarzes Lederhalsband und eine violette Leine aus Nylon. Außerdem deckte ich Kayra noch mit diversen Näpfen ein, bis jetzt hatte sie aus Plastikschüsseln gefressen, die so bei uns herumstanden und eigentlich für Menschenessen waren – Dylan hatte beschlossen, dass Kay ihre Futterschüssel jetzt auch behalten durfte, ich hatte zugestimmt.
Völlig bepackt ging ich nun zur Kasse und ließ alles vorsichtig auf den Tresen sinken. „Na, du bist wohl gestern Abend noch auf den Hund gekommen.“ Holger lächelte schelmisch und begann, die Codes zu scannen. „Könnte man so sagen.“ – „Und was ist es für einer? Eher einer für dich oder für Dylan?“ – „Was heißt hier für? Aber wenn ich sie mit uns beiden vergleiche, würde ich eher sagen, sie kommt nach mir. Border Collie übrigens, eine ganz Hübsche namens Kayra.“ Holger war fertig und guckte mich noch einmal fragen an. „Futter?“ Oh! Ich fasste mir mit der Hand an die Stirn. „Stimmt ja…“ Gestern hatte ich mir noch etwas Hundefutter von Vivi geliehen, weil sie erstens nicht so weit weg wohnte und sie zweitens normalerweise eine meiner besten Freundinnen war – nur heute eben nicht, was aber wohl mehr an mir lag, als an ihr.
Mit einem Sack Hundefutter und dem ganzen Zubehör ging es nun wieder zum Auto – das Futter packte Holger mir netterweise in den Kofferraum. Dabei begutachtete er Kayra auch noch kurz, die eingeschüchtert über die Rückbank linste. Dann ging es aber auch schon weiter nach Schillig zum Supermarkt. Ich bekam alles, was ich brauchte. Zum Glück hatte ich diverse exotische Soßen noch zuhause, die hätte ich in Schillig sowieso niemals bekommen. Und fix, wie ich gerade drauf war, düste ich auch schon nach Hause.

Gerade als ich aussteigen wollte, vibrierte mein Handy in meiner Jackentasche. Gekonnt schob ich den gesperrten Bildschirm auf und laß die Nachricht.
-Meine Schicht hat sich irgendwie verschoben, deshalb werd ich erst irgendwann heute Morgen da sein.-, lautete die Nachricht von Dylan. „Aha.“, machte ich und sah dann genauer hin. Empfangszeit: 15:12 Uhr. „What the …?!“ Weiter kam ich nicht, denn auf einmal öffnete sich die Kofferraumklappe. Ruckartig fuhr ich herum. „ich dachte, ich geh dir mal zur Hand.“, lautete die simple Erklärung. „Danke.“, lautete meine simple Antwort und ich schaute Alex mit einer Mischung aus Faszination und Ekel vor mir selbst, weil ich schon wieder Dinge fühlte, die ich nicht fühlen wollte, dabei zu, wie er den Hundefuttersack schulterte und den Korb mit den Einkäufen mitnahm. So blieben mir nur noch Kayra und das Zubehör.
Oben in der Wohnung huschte ich erst einmal unter die Dusche, während Alex unter Anleitung meines Kochbuches und unter Aufsicht meines Hundes anfing, Gemüse zu schnippeln.

Frisch geduscht saß ich nach dem Essen in eine Decke gemummelt auf dem Sofa. Meine Beine hatte ich angezogen und die grauen Augen lagen die ganze Zeit auf Alex. Schon eine ganze Weile schwiegen wir uns an. Die Verwirrung in meinem Herzen machte es mir schwer zu sprechen und Alex schien das Schweigen zu akzeptieren. Diese ganze Sache war so erdrückend und… Ich wusste nicht, was ich fühlen sollte. Ich wollte doch gar nichts für Alex empfinden, ich wollte Dylan lieben – nur Dylan! Blöderweise fühlte ich mich jetzt an Vampire Diaries erinnert, weil Elena auch beide Salvatore-Brüder liebte. Dylan war ganz klar der Richtige für mich, aber Alex war deswegen nicht weniger begehrenswert.
Meine Hündin lockerte die Atmosphäre ein wenig, als sie um die Ecke getrabt kam und mich von unten anguckte, als suchte sie eine Beschützerin. Lächeln klopfte ich neben mir aufs Sofa. „Hopp!“ Mit einem eleganten Satz sprang Kay aufs Sofa und kuschelte sich, nachdem ich mich ein wenig umgesetzt hatte, an mich. „Ich dachte eigentlich, das würde ein lustiger Abend werden, aber ich bin einfach momentan so verwirrt und…“, versuchte ich mich schließlich in einer Erklärung meines Verhaltens, doch Alex schüttelte nur den Kopf. „Ich weiß zwar nicht, wie du dich fühlst, aber ich kann mir vorstellen, dass ich dein ganzes Leben ein wenig aus der Bahn geworfen hab. Und das tut mir leid. Wäre es besser gewesen, wenn ich gar nicht gekommen wäre?“ Mein Kopf spulte schlagartig die Kassette zurück und begann bei dem Abend, an dem Alex aufgetaucht war, oder auch nicht. Ich wäre zu Holger gegangen, danach hätte ich einen schönen Abend mit Dylan verbracht, bis dieser zur Arbeit gemusst hätte. Ich hätte mich nicht mit Vivi gestritten, mich mehr mit Kira unterhalten und nun einen einsamen Abend verbracht. „Ich glaube, dass uns manchmal gar keine Wahl bleibt. Menschen kommen eben an die Orte zurück, die sie kennen und zu den Menschen, die sie kennen. Und ich bin froh, dass du wieder gekommen bist.“, schloss ich nun meinen Gedankengang ab. „Und ich dachte, du wärst total sauer, aber jetzt freust du dich sogar. Dabei dachte ich immer, ich verstehe Frauen wenigstens ein bisschen.“ Dieser Kommentar zeichnete mir ein Grinsen aufs Gesicht. „Ja, sicher, und Call redet mit mir jeden Abend über ihre Probleme.“, scherzte ich, wurde dann aber wieder Ernst. „Klar, fand ich es nicht gerade super, dass du einfach abgehauen bist, aber die Zeit lässt einen anders darauf blicken. Wir waren beide zu jung und du konntest dich gerade von deiner Familie loseisen, da musstest du eben weg. Mein Ausweg aus der Familie war die Ausbildung und die Übernahme des Hofes.“ Mit einem gedankenverlorenen Nicken stimmte er meinen Worten zu.
„Genug von uns, wie sieht es bei dir und Dylan aus? Er scheint ja nicht besonders begeistert davon, dass ich wieder da bin.“, wechselte der Blonde das Gesprächsthema, ein Thema das mir dann doch lieber war. „Ach, ich denke, er ist ebenso etwas unsicher, wie er mit der Situation umgehen soll. Wir waren in letzter Zeit so ein gutes Team und plötzlich platzt jemand einfach so rein…“, erklärte ich und wurde von Wort zu Wort niedergeschlagener. Warum hatte ich das nicht vorher erkannt? Ich hätte mit ihm reden müssen, ihm sagen müssen, dass ich ihn liebte und niemals verlassen wollte. Erst jetzt merkte ich, dass ich mich mit meiner Zurückhaltung genau falsch verhalten hatte. Auf dem Couchtisch lag mein Handy, ich griff danach. Schnell rief ich die Nachrichten-App auf und tippte nur drei Worte: -Ich liebe dich <3-
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Di Dez 10, 2013 12:00 am

Wow Anna also ehrlich, ich bin überwältigt! Es war keine Zeile langweilig. Die Story ist echt der Hammer!
Freue mich schon auf den nächsten Bericht Very Happy
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Di Dez 10, 2013 2:09 am

Ich finde deine Bericht extrem gut! Ich habe immer das gefühl, als würde man genau in der situation stecken, wie du sie dort beschreibst. wow! schonmal daran gedacht, autorin oder so was zu werden ?würde echt zu dir passen, glaube ich !:-)
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Di Dez 10, 2013 5:51 am

Danke *rot werd*
@Dana: Ich hab tatsächlich schon Bücher angefangen, aber die eine Geschichte gefällt mir nicht mehr und für die andere hab ich einfach momentan keine Zeit :/ Aber erstmal versuch ich's mit Abi - danach gehts weiter Very Happy
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Di Dez 10, 2013 6:52 am

Auch ne gute Planung:-)Very Happy
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Di Dez 10, 2013 7:35 am

Versuch doch dann etwas zu studieren ^^ Ich will nach meiner Ausbildung anglistik/amerikanistik ("Romantik", Literaturwissenschaften, nur mit diesem Schwerpunkt) studieren (: (auch wenn ich nicht gerade gut bin in Satzbau und naja.. ^^ Aber ich habe mich von einem Jahr von 4 auf 2+ gesteigert, seitdem ich so viele Beri's wieder schreibe ^^)... Äh.. Aber ich würde es mal studieren, wenn du dazu richtig Bock hast (: Ich selber gehe ab und an mit meiner Freundin zur Uni, die studiert auch Literatur ^^
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Di Dez 10, 2013 7:38 am

Ich möchte vielleicht später (tier-) medizin studieren, wobei ixh mir da noch nicht so sicher bin:D
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Di Dez 10, 2013 7:39 am

Ich hab mich momentan von Studium im eigentlichen Sinne etwas entfernt. Will ja jetzt mal bei der Polizei versuchen, aber das ist auch schon wieder ein ganz anderes Thema - das gehört hier nicht hin! Very Happy
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Di Dez 10, 2013 7:40 am

Polizei, wie geil! Erzähl *-*
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Di Dez 10, 2013 7:40 am

Polizei ist auch cool!:-)

Aber du hast recht:D:D
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Di Dez 10, 2013 7:41 am

Ich erzähl dann in 2 Jahren, wenn ich Abi hinter mir hab Very Happy Muss ja erstmal Abi schaffen - oder hab ich jdf geplant ^^
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Di Dez 10, 2013 7:44 am

Bei der Polizei ist meine BF nun im gehobenen Dienst, dass würdest du ja auch machen ^^ & 2 weitere gute Freundinnen im mittleren Dienst ^^ Very Happy
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Di Dez 10, 2013 7:45 am

ich mag die Polizei Very Happy
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Di Dez 10, 2013 7:50 am

_______________________________________________ <- Das ist ein Schlussstrich Very Happy
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1Di Dez 10, 2013 7:53 am

Very Happy OK
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BeitragThema: Re: #3 If you love her let her go   #3 If you love her let her go Icon_minitime1

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