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 #4 Everything changes - Part 2

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Anna
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Anna


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BeitragThema: #4 Everything changes - Part 2   #4 Everything changes - Part 2 Icon_minitime1Mo Dez 02, 2013 6:56 am

Als wir mit dem Essen fertig waren, hatte mich Anna sofort wieder in den Stall entführt. Sie hatte irgendeinen Plan, ich wusste nur nicht, welchen. Ungeduldig schob sie mich vorwärts in den Stuten-und Wallachstall. „Da!“ Sie zeigte auf eine Fuchsstute. „Call of Destiny – Ruf des Schicksals?“, fragte ich und musste kurz auflachen. „Ja, aber das meine ich ja gar nicht. Die da“, sie zeigte nochmal auf die Stute, die mürrisch zu uns herüber guckte, “wirst du heute reiten, Saralein.“ Mir entgleisten kurz alle Gesichtszüge, doch dann hatte ich mich wieder. „Guck mal, wie die guckt!“, rief ich leicht panisch aus und zeigte ebenfalls auf die Stute. „Pff! Na, danke. Das ist übrigens meine und ich hab mir auch überlegt, dass ich sie dir fertig mache und du dafür Star fertig machst. Aber im Gelände sitzt du auf ihr einfach sicherer.“ Gutes Argument! Und so wurde es auch gemacht. Brav dackelte ich zum Hengststall bis mir einfiel, dass ich immer noch keine vernünftige Ausrüstung hatte. Also trabte ich wieder zurück zu Anna.
„Gut, dann fahren wir jetzt in die Stadt!“, beschloss sie und was Anna beschloss, war unumstößlich. Allerdings fragte ich trotzdem: „Stadt?“ - „Dorf...“, berichtigte sie sich mürrisch und angelte dann den Autoschlüssel vom Schlüsselbrett im Flur. Mit federnden Schritten ging sie voran und schloss schließlich einen braunen VW Touareg auf (http://www.netcar.de/uploads/pics/vw_touareg_front_800.jpg). „Einsteigen bitte!“, kommandierte sie mit einem Grinsen im Gesicht und ging dann auf die Fahrerseite und stieg dort ein. Tür zu, Anschnallen und los ging's!

„Hallo, Anna!“, ertönte eine Stimme aus einer Tür, die zum Lager zu führen schien, als wir eintraten. „Hallo, Holger! Ich hab mein Schwesterchen mitgebracht.“, rief Anna in freundlichem Ton zurück. Wir blieben erstmal vor dem kleinen Verkaufstresen stehen. Im Laden roch es nach neuem Leder und überall hingen Trensen, Halfter und es standen überall Schränke und Putzkisten – und alles andere, was Reiter und Pferd gebrauchen konnten. Ein lautes Rumpeln kam aus dem Lager, doch dann erschien ein Mann. Er war mittelgroß, sein Haar war dunkel, doch an den Schläfen schon von grauen Strähnen durchzogen. In seinem Gesicht zeichneten sich sanfte Fältchen ab, die sich vertieften, als er strahlend auf uns zu kam. „Du hast mir schon lange keinen Besuch mehr abgestattet, deine Untersteller sind allerdings gute Kunden.“, sagte er als er erst Anna und dann mir die Hand schüttelte. „Und wer bist du, junges Fräulein? Du kommst aber nicht aus dem Dorf, oder?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, das ist meine Halbschwester. Sie kommt zwar auch vom Dorf, wohnt aber ein paar Kilometer entfernt. Wir wollen sie mal ein bisschen einkleiden. Stiefel, Helm, Handschuhe sollte erst einmal reichen.“, kam mir Anna zuvor und erzählte gleich alles, was Holger wissen musste.
Sofort ging dieser los und wir hinterher. In einem Nebenzimmer türmten sich Kartons unter Kleiderstangen und an den Wänden, an denen keine Kleiderstangen angebracht waren, stapelten sich gut 1 ½ Meter hoch Schuhkartons. „Echtes Leder oder Kunstleder?“ - „Kunstleder!“, kam ich Anna diesmal zuvor. „Größe?“ - „39.“ Holger nahm einen Stapel auseinander, um an einen Karton weit unten zu kommen. Diesen hielt er mir hin. „Probier' die mal.“ Ich nickte nur und packte die Stiefel aus. Sie waren aus schönem, glänzendschwarzem Leder und waren schön geschnitten – das was ich suchte. Ich probierte das Paar Stiefel, lief ein paar Mal hin und her und beschloss schließlich, dass sie passten. „Die sind super.“, erklärte ich und unterstützte meinen Entschluss mit einem Nicken. „Gut, dann die einmal.“, sagte Anna und scheuchte uns dann auch schon weiter zu den Reithelmen.
„Es muss nichts allzu teures sein. Nur seinen Zweck erfüllen.“, meinte ich, als ich gerade eines der Preisschilder betrachtete, auf dem doch glatt eine Zahl im dreistelligen Bereich stand. Ich musste das ja auch schließlich alles bezahlen, deshalb war ich nicht so anspruchsvoll. „Ach, für Annas kleine Schwester könnte ich auch ein Stückchen mit dem Preis runter gehen. Schließlich beschert mir Nebelreiter ordentlich Kunden.“ Holger lächelte mich freundlich an und nahm den Helm, den ich mir gerade angeschaut hatte, herunter. „Probier' ihn mal und wenn er dir gut gefällt, könnte ich wohl 20% Preisnachlass geben.“, erklärte er und lächelte freundlich. Etwas zurückhaltend nahm ich ihm den Helm ab und setzte ihn mir auf den Kopf. So langsam fand ich es gruselig, dass mich alle so behandelten, als würde ich schon seit Jahren zur Familie gehören. Gut, im Grunde stimmte das ja auch, aber da hatte noch niemand etwas von mir gewusst.

Der Helm passte und ein paar gute Lederhandschuhe fand ich auch noch. Anna bezahlte, doch ich versprach ihr, ihr das Geld zu überweisen, wenn ich zu hause war. Ich wollte schließlich keine Schulden bei ihr haben und hätte mich auch schlecht gefühlt, wenn eine Person, die ich seit gestern kannte, mir gleich meine neue Ausrüstung bezahlte. Bis jetzt hatte ich nur minderwertiges Zeug gehabt und es war sowieso mal wieder Zeit für neue Sachen. Außerdem war ich ja praktisch Pferdebesitzerin, auch wenn meine Mum das letzte Wort noch nicht gesprochen hatte. Wenn ich allerdings auf dem Hof arbeitete, dürfte ich auch einiges beisteuern können – dachte ich mir jedenfalls. Zu meiner Ausrüstung würden demnächst ja auch noch Gabes Sachen hinzukommen, was bedeutete, ich musste mich ordentlich reinhängen, um meine Mutter zu überzeugen.
„Anna? Ich hab mir überlegt, dass ich ja vielleicht arbeiten könnte. So als Stallbursche?“ - „Das ginge wohl. Wir brauchen sowieso immer Stallburschen, weil unsere Drei das langsam aber sicher nicht mehr so wirklich schaffen. Unser Jüngster sturdiert ja auch noch nebenher, das ist praktisch nur so eine Art Nebenjob. Wenn du das neben der Schule machen könntest, würdest du dir schon ein bisschen was dazuverdienen.“, erklärte Anna langsam und geduldig, doch ihr Blick war weiter auf die verschneite Straße gerichtet. Mit einem nachdenklichen Nicken kommentierte ich das Ganze. Ich kam so schon kaum mit meinen Hausaufgaben zurecht. Dann musste ich mich auch noch um mein Pferd kümmern und arbeiten... Na, das konnte ja heiter werden. Momentan reichte es ja, mit Gabe einfach ein wenig Zeit zu verbringen, doch später würde ich sie ja auch reiten wollen. Wahrscheinlich würde sich das dann alles in den Abend ziehen, doch das würde schon gehen. „Wird schwierig, oder?“, fragte meine Schwester, die mein grübelndes Gesicht bemerkt hatte. „Also einfach wird es nicht.“ Ein erleichtertes Lachen kam mir über die Lippen. Ich wusste, ich könnte mich auch Anna verlassen, falls es mal schwieriger werden würde. Vermutlich hatte ich in den nächsten Jahren auch wieder weniger Stunden. Zwar musste ich mehr lernen und mehr machen, aber in der Woche konnte ich dann auch mal mehr arbeiten und längere Arbeiten konnte ich über das Wochenende hinweg verteilen. Schluss jetzt! Es war wirklich langsam genug. Ich würde einfach alles auf mich zukommen lassen.

„So, jetzt geh erstmal Star fertig machen. Ich würde sagen, wir treffen uns dann einfach in der Freilufthalle.“ Anna machte eine scheuchende Handbewegung und ich nickte und lächelte. Bevor wir mich eingedeckt hatten, hatte sie ja noch was vorgehabt. Also machte ich mich auf den Weg zu Star.
Als ich in seine Box kam schaute dieser mich nur schief an. Ganz nach dem Motto: „Die schon wieder? Wo ist eigentlich Anna?“ Aber das störte mich nicht und der Braune schien es auch einfach so hinzunehmen. Ich legte ihm sanft meine Hand auf den Kopf und musste dann aber feststellen, dass ihn das nicht am Hochziehen hinderte. „Hey! Du warst doch gestern noch so lieb!“, beschwerte ich mich lautstark und hörte ein Lachen von der Stallgasse. Kurze Zeit später, schaute eine dunkelhaarige junge Frau in die Box. „Na, ärgert er dich? Mach dir nichts draus. Anna hat so auch schon so oft gestanden. Er ist einfach ein Schauspieler. Mal ist er ganz brav und danach bemerkt man erst, dass er es faustdick hinter den Ohren hat. Ich bin übrigens Katarina.“ Mit leichtes Lächeln breitete sich auf dem Gesicht der Dunkelhaarigen aus und ich erwiderte es. „Ich bin Sara, Annas Halbschwester, falls das nicht schon die Runde gemacht hat.“ - „Emily hatte vorhin irgendwas in der Richtung angedeutet.“ Wusste ich's doch! Auf einem Hof verbreiteten sich Nachrichten eben wie ein Lauffeuer. Vor allem, wenn sonst nicht viel passierte. Von der Stallgasse war ein Scharren zu vernehmen. „Lif! Hör auf mit dem Mist!“, rief Katarina und verschwand dann auch schon wieder. Es brauchte noch zwei weitere Versuche, bis ich Star eine gepfeffert hatte, weil er mich aufregte – dann ging es endlich. Anscheinend musste man ihm nur beweisen, dass man der Chef war. Fix kratzte ich noch seine Hufe aus und band den Hengst dann auf der Stallgasse neben einem Schimmel an. „Schön brav sein!“, ermahnte ich den Braunen und warf ihm noch einen „I'm watching you!“-Blick zu. Dann verschwand ich in die Sattelkammer und holte alles, was ich brauchte – Putzkiste, Gamaschen, Streichkappen, Trense, Matingal. Meine Sachen hatte ich schon angelegt, nur die Kappe lag noch in der Futterkrippe von Star, damit sie vor allen Pferdehufen in Sicherheit war. So bepackt marschierte ich zurück zu Star, der gerade damit beschäftigt war, in seinen Strick zu beißen – oder es eher versuchte. Dabei klappten seine Lippen immer wieder aufeinander und erzeugten selten komische Geräusche. „Star...“, sprach ich in etwas genervt an und legte die Sachen ab. Dann machte ich mich an seiner Stalldecke zu schaffen und legte diese schließlich in die Box. Eine Abschwitzdecke fand ich zum Glück gleich an Stars Box und musste nicht noch einmal laufen. Vorsichtig warf ich sie ihm über, aber das interessierte den Hengst anscheinend herzlich wenig. Eher sah es so aus, als heckte er schon wieder die nächste Gemeinheit aus, wobei ich tatsächlich Recht behalten sollte. Aber erst einmal nahm ich mir einen Gummistriegel und putzte den Dreck aus dem Fell des Braunen. Mit einer Wurzelbürste holte ich den Schmutz vom Fell und putzte auch die Beine ordentlich sauber. Alles in allem war Star aber sehr sauber, was wohl einerseits an der guten Pflege lag, andererseits aber auch daran, dass es momentan weder matschig noch staubig war. Mit einem Kamm kämmte ich ihm noch einmal vorsichtig durch Mähne und Schopf und verlas zum Schluss seinen feinen Schweif.
Als ich schließlich mit dem Sattel wieder aus der Sattelkammer kam, merkte ich jedoch, dass ich vorhin Recht gehabt hatte. Da stand Canadian Star mitten in einem Chaos. Seine Abschwitzdecke hatte er sich halb vom Rücken gezogen und irgendwie hatte er es geschafft an die Putzkiste zu kommen. Diese lag umgekippt auf dem Boden und der gesamte Inhalt war um ihn herum verstreut. „Oh!“, erklang ein überraschter Laut hinter mir. Als ich mich um blickte, erkannte ich Vivi. „Ja, oh...“, grummelte ich und schaute Star mürrisch an. Ohne weitere Worte an einen von den beiden Anwesenden, legte ich den Sattel erst einmal sanft auf dem Boden ab, legte dem Braunen seine Decke wieder auf und sammelte den Inhalt der Putzkiste wieder ein. Vivi half mir dabei, das Zeug aufzusammeln. „Reitest du schon wieder Star?“, fragte sie schließlich als wir fertig waren. „Ne, ich mach ihn nur fertig. Wir wollen ausreiten und dann soll ich Call reiten, obwohl ich mir noch nicht so sicher bin, ob ich das überhaupt will.“ Kurz lachte ich auf und strich mir die Haare zurück. Ich war mir wirklich nicht sicher, ob ich diese Stute reiten wollte. Andererseits konnte sie, wenn sie von Anna geritten wurde, gar nicht so schlimm sein. „Okay, dann kann ich ja mit Vito vernünftig in der Halle reiten. Ohne andere Reiter ist es manchmal leichter.“ Ein freundliches Lächeln legte sich auf die Züge der Dunkelhaarigen. „Naja, ich geh ihn dann mal fertig machen.“ Ein zaghaftes heben der Hand und schon drehte sie sich um und verschwand in einer der Boxen.

„Freundchen!“, knurrte ich, als der Braune schon wieder versuchte, in meine Jacke zu beißen. Empört hob der KWPN den Kopf und ignorierte mich dann einfach völlig. Das machte mir nicht sonderlich viel aus, während ich ihn sattelte und die Gamaschen und Streichkappen anlegte. Beim Trensen hatte ich dann allerdings ein kleines Problem. Aber letztendlich hatte Star wohl beschlossen, dass es genug war und senkte brav den Kopf, sodass ich ihn Trensen konnte. Zum Schluss setzte ich mir noch meinen Reithelm auf und zupfte die Abschwitzdecke zurecht. Nun konnte es endlich los gehen.
Aus der Freilufthalle drang Musik. 'I Cry' von Flo Rida, erkannte ich und war gespannt, was Anna dazu ritt. Als ich sie dann sah auf ihrer Fuchsstute staunte ich Bauklötzchen. In wunderschönem starkem Trab trabte Call durch die Diagonale, um danach in einen versammelten Trab zu fallen. Alles sah so mühelos und elegant aus, dass ich nicht glaubte, es jemals so reiten zu können. Auf dem Zirkel gallopierte Anna die Stute an und wechselte auf der Mittellinie mehrmals die Hand. Sie war so konzentriert, dass sie mich erst bemerkte, als Star ein lautes, kehliges Wiehern ausstieß. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht parierte sie Call erst zum Trab und dann auf der Stelle zum Steh. „Da staunste nicht schlecht, dass ich dich auf so einen kleinen Champ draufsetze, was?“, fragte sie mit einem erfreuten Lachen in der Stimme. „Ja, wow, ich dachte, sie wäre ein furchtbares Pferd, weil sie so zickig aussah.“ Das brachte Anna kurz zum Lachen, ehe sie mich aufklärte:„ Call ist eigentlich ein Spitzenpferd, litt aber lange Zeit unter der Reitweise ihres Besitzers. Ich hab sie wieder davon überzeugt, dass es Menschen gibt, die anders sind. Im Umgang schwierig, aber unter dem Sattel absolute Spitzenklasse.“ Liebevoll streichelte die Blonde die Fuchsstute am Hals. Call kaute eifrig auf ihren Gebiss herum, wurde aber aufmerksam, als sich ihre Reiterin aus dem Sattel schwang. Mit einem Handzeichen winkte sie mich herein. Also setzte ich mich in Bewegung, blieb aber sofort stehen, als ich Calls angelegte Ohren sah. Ihre Besitzerin, ließ sich davon aber nicht irritieren und kam zu mir – ohne Call. Diese blieb ruhig stehen. „Na, dann geh mal zu deinem Pferd und ich kümmer mich ums aufwärmen von dem kleinen Dicken hier.“, forderte Anna mich freundlich auf und ich ging – wenn auch zögerlich – auf die Stute zu. Als sie mich auf sich zukommen sah, spitzte Call freundlich die Ohren und schnaubte leicht. Ein wenig Irritation schwang wohl in meinem Blick mit, was Call nicht störte. Nein, sie schien viel freundlicher als noch vor einer Stunde. „Okay, das ist seltsam...“, kommentierte ich zögerlich das Verhalten der Stute und griff dann nach ihrem Zügel.
Die Bügel schienen nahezu perfekt und so konnte ich sofort aufsteigen. Warm war sie ja schon, da wollte ich es wenigstens nutzen. Ich nahm die Zügel leicht auf und sie suchte sofort die Anlehnung. Mit leichten Paraden und dem inneren Schenkel stellte ich sie nach innen. Ihre Schritte waren sehr groß, aber sehr weich. Mit leichten treibenden Hilfen trieb ich sie vorwärts und saß im Trab aus. Der Sattel war wunderbar weich und der Trab war unheimlich weich, fast fluffig. Angetrieben von dem Ehrgeiz herauszufinden, was sie sonst noch drauf hatte, ließ ich sie die Tritte verlängern und ritt sie im Mitteltrab eine Runde. Dann versammelte ich sie wieder und versuchte mich erstmal auf dem Mittelzirkel. Dort ließ ich sie leicht am Schenkel weichen, bis ich dann schließlich den Entschluss gefasst hatte, dass ich das mit diesem Pferd auch auf der Diagonalen schaffen würde. Gesagt getan. Mit sanften Schenkelhilfen führte ich sie schließlich auf die Diagonale und sie kreuzte schön. Auf der Hälfte stellte ich sie aber wieder halbwegs gerade und ritt im Trab die Diagonale zuende. „Good Girl!“, lobte ich die Fuchsstute erfreut und klopfte sie sanft am Hals. Nach dieser kurzen Einlage beschloss ich jedoch, sie nur noch im Schritt weiter zu reiten, da sie sonst ja gar keine Kraft mehr für einen ausgeprägten Galopp am Strand hatte, worauf ich sehr hoffte.

Als Anna mit Star fertig war und die Abschwitzdecke beiseitegelegt hatte, ging es los. Im Schritt verließen wir den Hof in Richtung des kleinen Wäldchens. Die paar Piepmätze, die schon Frühlingsgefühle verspürten trällerten fröhlich ihre Lieder und begleiteten uns so mit ihrer Musik. Call war ganz ruhig und so ließ ich die Zügel etwas länger. Der Weg war breit genug, sodass Anna mit Star neben uns reiten konnte. Auch sie ließ sie Zügel etwas länger, wenn auch nicht ganz lang, damit sie schnell genug die Zügel nach fassen konnte. Langsam aber sicher fasste ich Vertrauen in diese Stute. So schloss ich nun die Augen und lauschte den zwitschernden Vögeln und roch den salzigen Duft des Meeres. Ein kräftiger Wind wehte durch die Bäume und ließ das gefrorene und mit einer sanften Schicht Schnee überzogene Laub rascheln.
„Sara, Augen auf, guck mal da!“, holte mich Anna aus meiner Trance und zeigte auf ein Feld zu unserer Rechten. Mitten auf dem Feld standen 5 Rehe, doch als der Wind unseren Geruch zu ihnen wehte, verschwanden sie schnell wieder im sicheren Weg. Star, der sie schon bemerkt hatte, nahm das ganz gelassen hin. Nach diesem kurzen Ereignis beschloss Anna, dass wir nun traben wollten und ritt voraus, da ich mich auf den Reitwegen hier, noch nicht so gut auskannte. Ich ging leicht und ritt in zügigem Tempo hinter Anna und Star her.
Das flotte Tempo brachte uns bald aus dem Wald heraus auf einen Feldweg. Es schien als wäre das Land unendlich weit und der Anblick erfüllte mich mit einem Gefühl von Freiheit. Das hier war mein Zuhause, hier war ich frei. Ob ich jemals wieder gehen wollte? Nein! Niemals würde ich die Nordsee hinter mir lassen. Denn dies hier war der einzige Ort, an dem ich mich wirklich zuhause fühlte. Ich liebte das Land, die Leute, Gabe und auch Anna als meine große Schwester.
Ein leichter Ruck des starken Körpers unter mir holte mich zu Anna und den Pferden zurück. Als ich nach vorn blickte, sah ich nur noch Stars Hinterteil. Ich brauchte nur ganz leicht den Schenkel bewegen, schon preschte die Fuchsstute in einem halsbrecherischen Tempo los, ihren Gefährten einzuholen. Ich ging in den leichten Sitz und ließ sie laufen bis wir meine Schwester und ihren Hengst mit großen Galoppsprüngen eingeholt hatten.

Wir ritten bald um eine Biegung und schließlich wieder Richtung Neu-Minsen. Fast hätten wir die nur zwei Kilometer nach Minsen geschafft, doch wir mussten wieder zum Hof zurück. Diesen erreichten wir auch bald. Leider bemerkte ich sofort, dass mich schon jemand erwartete. Meine Mutter stand auf dem Hof und unterhielt sich mit Dylan, der irgendwie weniger erfreut aussah, als ich es mir gewünscht hätte. Im Schritt ritten wir auf die beiden zu und schließlich parierte ich Call zum Halten, Anna tat es mir gleich. „Hi, Mum, was gibt’s?“, begrüßte ich meine Mutter und versuchte locker zu klingen. „Eigentlich wollte ich mich nur mal erkundigen, was meine Tochter den ganzen Tag macht. Es ist schon Nachmittag und ich hätte mir wenigstens mal eine SMS gewünscht.“ Sie klang wirklich etwas sauer. Irgendwo verstand ich es ja, dass sie wissen wollte, was ich den ganzen Tag hier machte, aber sowas… „Nichts für ungut, Anna, aber es gibt auch noch andere Dinge außer Reiten. Schule zum Beispiel.“ Bei ihren letzten Worten musterte sie mich streng. Ich seufzte. „Na schön, soll ich mit nach Hause kommen? Du hast ja recht, ich muss noch einiges machen.“, antwortete ich nun, um mir wenigstens morgen ein wenig Freizeit zu verdienen. „Ja, darum bitte ich doch sehr. Mach‘ das Pferd fertig und komm dann her, dein Fahrrad kannst du morgen noch abholen.“ Ich hätte jubeln können, denn diese Worte bedeuteten Freiheit für den morgigen Tag.
Dylan nahm mir Call ab und ich war ihm irgendwie dankbar dafür. In Eile vergaß ich immer einiges, das wurde einfach nichts. Also setzte ich mich ins Auto und ließ den Hof hinter mir, doch morgen würde ich wiederkehren und die Tage, Wochen, Monate, die noch folgten auch. Hier war mein neues zuhause.
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